Umsätze nach Marktsegmenten
ie Eckdaten zum Tourismus in Bayern können sich sehen lassen. Im Jahr 2017 wurden insgesamt 33,9 Milliarden Euro durch die touristische Nachfrage generiert. Mit 621 Millionen Aufenthaltstagen stellen die Tagesausflügler und -geschäftsreisenden die größte Zielgruppe dar. Die Zahl der Übernachtungen in gewerblichen und privaten Beherbergungsbetrieben sowie auf Campingplätzen lag bei rund 122 Millionen. Aber auch die Nächtigungen durch den touristisch relevanten Besucherverkehr in den Wohnungen der einheimischen Bevölkerung sind mit über 70 Millionen nicht zu unterschätzen.
Die Pro-Kopf-Ausgaben schwanken – je nach Zielgruppe – von durchschnittlich gut 27 Euro bei den Tagesbesuchern bis zu fast 147 Euro bei den Übernachtungsgästen in den gewerblichen Beherbergungsstätten. Die Bandbreite der Ausgaben pro Kopf und Tag bzw. Übernachtung ist groß und reicht von 0 Euro bei manchen Tagesausflüglern, die beispielsweise nur einen Bummel machen, bis hin zu weit über 200 Euro, wenn anspruchsvolle Beherbergungsbetriebe aufgesucht, gute Lokale frequentiert, Kulturveranstaltungen besucht und Einkäufe getätigt werden.
Die Relevanz des Tourismus in Bayern geht allerdings noch weit über diese Zielgebietsbetrachtung, die das dwif auch für Gemeinden und Regionen erstellt, hinaus. So entstehen beispielsweise auch touristische Umsätze durch Outgoing-Reisen (z. B. Leistungen der Reisebüros, Fahrt zum Flughafen), die im Inland einkommenswirksam werden, aber bei der durchgeführten Zielgebietsanalyse nicht enthalten sind. Gleiches gilt für die Reisekosten für den Transfer zwischen Quell- und Zielgebieten (z. B. Pkw-Kosten, Bahnfahrt, Busticket, Taxi) oder auch für die Ausgaben für die Reisevor- und -Nachbereitung.
Direkte Gewinner
Interessant ist auch, wofür die Gäste vor Ort ihr Geld ausgeben. Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen den Tagesgästen, die anteilig deutlich mehr im Einzelhandel ausgeben, während bei den Übernachtungsgästen das Gastgewerbe am stärksten zu Buche schlägt.
Hinter den Segmenten Gastgewerbe, Einzelhandel und Dienstleistungen verbergen sich allerdings eine Vielzahl unterschiedlicher Branchen. Die Liste der Profiteure durch die direkten Ausgaben der Touristen ist lang und beschränkt sich keineswegs nur auf Hoteliers und Gastronomen.
Vom Umsatz zur Wertschöpfung
Nach Abzug der Mehrwertsteuer vom Bruttoumsatz ergibt sich der Nettoumsatz, welcher als Grundlage für die Ableitung der Wertschöpfung anzusehen ist. Für die verschiedenen Ausgabenarten werden die jeweils relevanten Steuersätze angesetzt, woraus sich ein durchschnittlicher Mehrwertsteuersatz von etwa 13 Prozent ergibt. Die Nettoumsätze belaufen sich dementsprechend auf knapp 30 Milliarden Euro. Dieser Nettoumsatz ist Basis für die Ermittlung der daraus resultierenden direkten und indirekten Einkommen. Unter Wertschöpfung bzw. Einkommen versteht man nichts anderes als
• die Löhne und Gehälter des in den Betrieben beschäftigten Personals sowie
• die Gewinne der Unternehmen.
Aus den Kostenstrukturen der profitierenden Unternehmen lässt sich ableiten, dass etwa ein Drittel des touristischen Nettoumsatzes direkt zu Einkommen wird. Den gesamten Restbetrag, der nicht direkt zu Einkommen wird, geben die direkten Profiteure für den Bezug von Vorleistungen aus. Dies sind immerhin beachtliche 20 Milliarden Euro im Jahr. Ein Teil davon wird nun wiederum zu Wertschöpfung bei den beteiligten Unternehmen und den dort Beschäftigten. Zusammengenommen addieren sich die Einkommen auf beiden Umsatzstufen auf knapp 16 Milliarden Euro, wobei gut 62 Prozent auf die 1. Umsatzstufe entfallen.
Indirekte Gewinner
Die direkt von der touristischen Nachfrage profitierenden Unternehmen sind auf Vorleistungen angewiesen, um den laufenden Betrieb aufrechterhalten und letztendlich auch die Gästebedürfnisse befriedigen zu können. Diese Verflechtungen auf der so genannten 2. Umsatzstufe werden oft vernachlässigt, können aber aus den Kostenstrukturen der Unternehmen, die unter anderem das dwif in seinen Betriebsvergleichen regelmäßig erhebt, gut abgeleitet werden. Dabei geht es insbesondere um folgende Arten von Leistungen:
• Lieferung von Waren
• Bereitstellung von Dienstleistungen aller Art
• Reparaturen, Instandhaltung und Ersatzinvestitionen zur Substanzerhaltung
Beschäftigungseffekte und Steueraufkommen aus dem Tourismus
Die Anzahl der durch den Tourismus in Bayern beschäftigten Arbeitskräfte lässt sich nicht exakt ableiten, da beispielsweise viele Personen nur anteilig vom Tourismus leben (Verkäufer im Einzelhandel bedienen auch Einheimische, Servicepersonal in der Gastronomie kümmert sich nicht nur um Touristen etc.). Als grobe Orientierung kann festgestellt werden, dass der Einkommensbeitrag von knapp 16 Milliarden Euro einem Äquivalent von nahezu 500.000 Personen entspricht, die durch die touristische Nachfrage in Bayern ein durchschnittliches Volkseinkommen pro Kopf und Jahr beziehen konnten.
Auch die steuerlichen Effekte sind nicht zu unterschätzen. Allein aus Mehrwertsteuer und Einkommensteuer resultiert ein Steueraufkommen aus dem Tourismus im Freistaat Bayern von fast 3,2 Milliarden Euro, das als Gemeinschaftssteuer Bund, Ländern und Kommunen zukommt. Durch Grundsteuer, Gewerbesteuer, Zweitwohnungssteuer, Kurtaxe (Gast), Tourismusabgabe (Gewerbe) etc. fließen den Gebietskörperschaften weitere Steuer-, Gebühren- und Beitragseinnahmen zu, deren Quantifizierung jedoch nur über individuelle Erhebungen (Haushaltsanalyse) möglich ist.
Untersuchungen des dwif zeigen, dass den Kommunen durchschnittlich Steuereinnahmen aus dem Tourismus in einer Größenordnung zwischen einem und weit mehr als drei Prozent der dort realisierten touristischen Nettoumsätze zufließen.
Zur Person
Dr. oec. publ. Bernhard Harrer ist Vorstand des dwif e. V. Zu seinem täglichen Handwerkszeug gehören Analysen zu den ökonomischen Effekten des Tourismus auf allen regionalen Ebenen sowie für touristische Marktsegmente, Freizeitinfrastruktur und Einrichtungen/Events. Hinzu kommen betriebsvergleichende Analysen (z. B. Gastgewerbe, Reisebüros) und Marktforschungsaktivitäten. Sein gesammeltes Wissen aus verschiedensten Grundlagenstudien für die Freizeit- und Tourismusbranche gibt er in zahlreichen Publikationen und in seiner Tätigkeit als Referent sowie Lehrbeauftragter weiter.
Kontakt: dwif e.V.
b.harrer@dwif.de
Tel.: 089-237028916
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