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ayerns Köche bringen auf der Basis regionaler Produkte deftig-gesunde Hüttengerichte, Gasthaus-Klassiker und raffinierte Gourmet-Menüs auf den Tisch. Bei Valentin Rottner bedeutet das etwa Schweinebauch mit japanischem Dashi-Sud oder Black Cod mit Kalbskopf und Miso. Der Nürnberger erkocht sich mit seinen puristischen Kreationen seit drei Jahren einen Michelin-Stern.
Fast wäre der Gastronomie ein Stern verloren gegangen: „Eigentlich wollte ich Fußballer werden. Ich war in der U16-Nationalmannschaft und stand jedes Wochenende auf dem Platz. Aber etwas Ehrgeiz hat mir dann vielleicht doch gefehlt“, sagt Valentin Rottner. „Außerdem war es meinen Eltern wichtig, dass ich eine abgeschlossene Berufsausbildung habe, falls mit dem Sport etwas schiefgeht.“
Rottner absolvierte seine Ausbildung bei Sternekoch Alexander Herrmann im „Herrmanns Posthotel“. Es folgten Stationen bei Zwei-Sterne-Koch Johannes King auf Sylt und bei Nils Henkel im „Lerbach“. Kurz nachdem er das „Waidwerk“ im familieneigenen „Gasthof Rottner“ in Großreuth gegründet hatte, erklärte das Fachmagazin „Der Feinschmecker“ 2018 Valentin Rottner zum Aufsteiger des Jahres. Ein Jahr später verlieh ihm der Guide Michelin den ersten Stern.
Der junge Küchenchef will mit seinen Menüs bei den Gästen Spannung erzeugen. "Auf der Karte stehen nur Grundprodukte, sodass die Gäste nicht genau wissen, was auf sie zukommt. So baut sich bei jedem Gang ein Spannungsbogen auf." Zu finden sind exotische Kreationen, aber "eine gut gemachte Roulade oder ein Schäufele nach traditionellem Rezept schmeckt einfach. Da sollte man nicht erst versuchen, das 'Schäufele 2.0' zu inszinieren", hält der junge Sternekoch fest. Solche Klassiker können unter demselben Dach bei Valentins Vater genossen werden: Stefan Rottner erkocht nach Stationen in den "Schweizer Stuben" und im "Guarda-Val" 1998 einen Michlin-Stern für das familieneigene "Gasthaus Rottner".
In den elterlichen Betrieben zurückzukehrern, ist für Valentin kein Widerspruch zur Freiheitsliebe. "Ich war schon immer sehr heimatverbunden. Und ich wollte meine Eltern, die mich so lange unterstützt haben, etwas zurückgeben. Ich wollte mit anpacken und auch einen frischen Wind reinbringen, der dem Haus ja auch zugutekam." Kritiker nennen Valentins Kreationen mal jung, mal puristisch, mal geschmacksintensiv. "Der Michlin-Stern ist die Wertschätzung für gute Arbeit, die wir als Mannschaft leisten. Dass es so schnellging mit dem Stern, hat mich natürlich zusätzlich gefreut", so Valentin. "Außerdem war das Gourmet-Restaurant meine Idee, nicht die meiner Eltern. Mit dem Stern konnte ich sie stolz machen und dafür sorgen, dass es sich auch wirtschaftlich lohnt."
Die Einrichtung des "Waidwerk" spiegelt den Charakter der Küche wider: traditionsverbunden und stylisch zugleich. Die Dekoration ist minimalistisch, jedoch mit einer Ausnahme. Das mächtige Zehnender-Geweih eines Hirschs, den Valentin Rottners Großvater 1988 geschossen haz, setzt ein überaus deutliches Ausrufezeichen. "Das Alleinsein im Wald, in der Natur, die Jagd - das alles ist mein Ruhepol und meine Inspiration", schwärmt Valentin. "Bei der Jagd denken ich über das Kochen nach. Und dabei fallen mir spannenden Dinge ein, neuer Garmethoden, neue Rezepte." So entsteht ein Gericht wie Sauklee-Sorbet, das leicht säuerlich schmeckt. "Das Sammeln war gar nicht so einfach, da man viel davon braucht", sagt er und lacht. "Ich habe meine ganze Küchencrew mitgenommen."
Valentin schätzt Wild nicht nur wegen der Jagdtradition. "Wir arbeiten nachhaltig, indem wir zum Beispiel vom Reh mehr als nur die begehrte Rückenstücke verwenden. Aus den Knochen machen wir eine Essenz. Niere, Leber und Milz werden auch verarbeitet. Durch das Jagen und Zerlegen steigert sich meine Wertschätzung für das Produkt, anders als beim reinen Kauf." Viele Zutatetn bauen die Rottners im Garten an: Kapuzienerkresse, Zitronengras, Meerettich, Tomaten und Topinambur. Außerdem bringt Valentin viele von seinen Waldgängen mit. "Ich halte die Augen auf und sammle. Die Wildkräuter wandern ins Essen, auf den gesammelten Moosen richten wir unsere Vorspeisen an." Und auf dem Baumrindenstück landet die Wildschweinschnitte.
Viel Freizeit bleibt dem jungen Sternekoch nicht. Doch wenn es einmal so weit ist, trifft man ihn bei seiner zweiter Leidenschaft: dem Fußballspielen. "Für den Fußball nehme ich mir immer noch Zeit. Unter der Woche kann ich nicht zum Training gehen, aber sonntags stehe ich mit meiner Mannschaft auf dem Platz."
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