enuss erleben – das klang bis vor 15 Monaten wie ein langweiliges Marketingmotto. Doch die Pandemie hat bekanntlich Demut gelehrt. Denn der Genuss wanderte komplett ab ins Private. Und ob das dann noch im positiven Kontext geschehen konnte, stand in den Sternen.
Leute, in deren Leben der Restaurantbesuch eine nicht unwesentliche Rolle spielte, mussten auf einmal grob umdenken. Es kam, wie es kommen musste: Viele kochten erst vor Wut, dann aus Verzweiflung. Manche aßen auf einmal mehr, andere weniger, aber dafür unausgewogen. Die Rolle der Gastronomie beziehungsweise Urlaub im Wirtshausdie Auswirkungen der zwangsweisen Auszeit wurde erst so richtig offenbar.
Diese Branche trägt viel bei zur psychosozialen Stabilität des Landes. Denn wer sich ein paar gemütliche Stunden in einem Lokal macht, kann sich in dieser Zeit weder daheim langweilen noch irgendeinen Unfug machen. Zudem ist es wissenschaftlich längst erwiesen: Wer ein akribisch zubereitetes Gericht aus hochwertigen Zutaten zu sich nimmt, verzapft deutlich weniger Stuss als bei sich daheim vor einer Tüte Chips. Schließlich setzt man sich im Restaurant auch einer gesunden sozialen Kontrolle aus. Unterstützt wird das zusätzlich durch die sinnvolle Herausgabe der Kontaktdaten. Mit der Prämisse „Ich weiß, wo dein Haus wohnt“ sitzen Wirtsleute an einem relativ langen Hebel. Dadurch sind auch jederzeit pädago-gische Maßnahmen im Nachgang möglich.
Es geht ja bei den hohen Hygienestandards schließlich nicht nur um den Zustand der Küche oder des Geschirrs, sondern allgemein um das Miteinander aller Beteiligten. Außerdem wird endlich Augenhöhe erreicht in Sachen Kommunikation: Nicht nur das Gasthaus ist für die Gäste permanent erreichbar, sondern auch umgekehrt. Die Zeichen stehen also gut, um den Genuss in Zukunft auf einem ganz anderen Niveau und mit einer ganz anderen Intensität zu erleben. Statt reflexartig jetzt gleich wieder Reisen in ferne Gefilde anzustreben, lautet daher die ultimative Alternative: Urlaub im Wirtshaus!