rau Staatsministerin, Sie haben unlängst die Ausbildungsbotschafter ernannt. Welche Bedeutung haben Veranstaltungen wie diese für die Förderung des Nachwuchses?
Die Ausbildungsbotschafter sind sehr wichtig. Als gestandene Unternehmer und vorbildliche Ausbilder tragen sie sehr viel dazu bei, die Ausbildung in der Hotellerie und Gastronomie attraktiver zu machen. Sie übernehmen Verantwortung und ermuntern ihre Kolleginnen und Kollegen dazu, die Qualität in der Ausbildung zu erhöhen. Bei Schülerinnen und Schülern werben sie für eine gastgewerbliche Berufsausbildung. Bei solchen Treffen erfahren die jungen Menschen eine Menge über die Chancen, die in einer dualen Ausbildung stecken. Die Botschafter zeigen mögliche Berufswege und die Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten auf und motivieren zu einer dualen Ausbildung. Dieser besondere Einsatz gehört gewürdigt.
Schätzen wir in Deutschland die klassische, duale Ausbildung zu wenig?
Wenn wir uns weltweit umschauen, ist unsere berufliche Bildung vorbildlich. Wir verbinden Betrieb und Berufsschule. Diese integrierten Lernorte sind einzigartig. Andere Länder beneiden uns dafür. Das tritt in Deutschland leider oft in den Hintergrund, da haben Sie recht. Als Bayerische Staatsregierung wollen wir unser Erfolgsmodell weiterentwickeln und die duale Ausbildung noch attraktiver machen. Die Digitalisierung bringt hier riesige Zukunftschancen mit sich. Deshalb war uns ein Update des Berufsbildungsgesetzes sehr wichtig. Die Reform ist nun seit Anfang des Jahres in Kraft. Geprüfter Berufsspezialist, Bachelor Professional, Master Professional: Die neuen Bezeichnungen der Fortbildungsabschlüsse sind modern, attraktiv und aussagekräftig. Sie wecken das Interesse von jungen Menschen und erhöhen den Wert der beruflichen Abschlüsse. Auch die Mindestvergütung für Azubis und die Teilzeitausbildung machen die berufliche Bildung attraktiver.
Halten Sie die Senkung der Mehrwertsteuer für Essen auf 7 Prozent für ein wirksames und unabdingbares Instrument, um den Betrieben die so sehr benötigte Luft zum Atmen zurückzugeben?
Ja, das gibt den Betrieben eine Zukunftsperspektive. Hotellerie und Gastronomie gehören zu den aktuell am stärksten betroffenen Branchen. Da halte ich Steuersenkungen für angebracht. Wir wollten die Entlastung schon lange. Und jetzt kommt sie: ab 1. Juli vorläufig für ein Jahr. Das wirkt gezielt und schnell.
Die überbordende Bürokratie macht der Branche das Leben zusätzlich schwer – bis zu welchem Maß helfen Regeln und Verordnungen und ab wann schaden sie eher?
Als gelernte Apothekerin weiß ich: Die Dosis macht’s. Staatliches Handeln muss – ebenso wie ein medizinischer Wirkstoff – genau dosiert werden. Um das richtige Maß an staatlichen Regelungen treffen zu können, setzen wir in Bayern auf einen engen Austausch mit der beruflichen Praxis. Dazu gehören zum Beispiel Gesprächsrunden mit Wirtschaftsvertretern. Dabei hilft uns auch der Beauftragte für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung, der Landtagsabgeordnete Walter Nussel. Unser gemeinsames Ziel lautet: Bürokratie – so viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Eine der DEHOGA-Kernforderungen ist die Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes – das wünschen sich nicht nur unsere Mitglieder, sondern auch deren Mitarbeiter, um Job, Familie und Freizeit besser vereinbaren zu können. Wie stehen Sie zur Wochenarbeitszeit?
Flexiblere Arbeitszeitregeln sind seit mehreren Jahren in der Diskussion. Es gibt viele Vorschläge und Modelle mit unterschiedlichen Ansätzen und Schwerpunkten. Aber auch hier gilt es, das richtige Maß zu finden. Wir brauchen Regelungen, die die Interessen aller Seiten ausgewogen berücksichtigen. Die Betriebe müssen die Beschäftigten flexibel einsetzen können. Und die Beschäftigten müssen die Flexibilisierung für sich nutzen können, im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beziehungsweise Pflege und Beruf. Auch der Gesundheitsschutz der Beschäftigten ist von grundlegender Bedeutung. Das führt uns die Corona-Krise deutlich vor Augen.
Was sind Ihre politischen Ziele als Arbeits- und Sozialministerin in Hinsicht auf das bayerische Gastgewerbe?
In der jetzigen Situation ist es am allerwichtigsten, dass die Unternehmen gut durch die Krise kommen und eine Perspektive für die Zeit mit und nach Corona bekommen. Gerade unsere Gastronomie ist Teil unseres Lebensgefühls und eine Visitenkarte Bayerns. Wir haben zukunftsfähige Arbeitsplätze. Wir müssen alles dafür tun, dass sie erhalten bleiben. Wir haben auch ein zukunftsfähiges Berufsausbildungssystem. Wir müssen dafür sorgen, dass die bayerischen Unternehmen weiter die Kraft haben, unsere jungen Leute exzellent auszubilden.
ZUR PERSON
Nach ihrem Studium der Pharmazie war Carolina Trautner über 25 Jahre als angestellte Apothekerin tätig. Seit 2002 ist die gebürtige Augsburgerin Kreisrätin im Landkreis Augsburg. 2013 wurde sie Abgeordnete im bayerischen Landtag. Von März 2018 bis November 2018 fungierte sie als Staatssekretärin im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Von November 2018 bis Februar 2020 agierte sie als Staatssekretärin im Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, bevor sie in ihr aktuelles Amt als Staatsministerin wechselte. Zudem ist sie die Frauenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung und Mitglied im Parteivorstand der CSU.