rau Poschenrieder, mit welchen Themen wird sich die Gastronomie im nächsten Jahr besonders stark beschäftigen?
Eine ganz zentrale Rolle spielen Nachhaltigkeit und Regionalität. Wir wissen, dass der Anteil biologischer, nachhaltiger, fair produzierter Lebensmittel insgesamt in Deutschland immer noch gering ist. Der Gastronomie kommt hier einmal mehr die Rolle zu, weiterzudenken. Bereits heute eröffnet kaum mehr ein neues Restaurant oder Café, ohne dass es auf die Verwendung regionaler oder saisonaler Zutaten setzen und dies auch offen kommunizieren würde.
Genau diese Ausrichtung wünschen sich doch auch inzwischen viele Verbraucher…
So ist es. Die Kunden wünschen sich nicht nur regionalere Produkte, sondern fordern auch nachhaltiges Handeln ein. Um dem gerecht zu werden, gibt es viele verschiedene Ansätze. So wird beispielsweise in einer schwedischen Volvo-Kantine der CO2-Fußabdruck des Essens der Gäste errechnet und verringert. Pasta mit Gemüsesoße verursacht zum Beispiel etwa so viel CO2 wie eine drei Kilometer lange Autofahrt. Das zeigt: Die effektive Einsparung liegt in der prozentualen Höhe der Verwertbarkeit eines Rohstoffes und der gleichzeitigen Innovationsfähigkeit des Gastronomen.
Die Digitalisierung verändert alle Branchen und somit auch die Gastronomie. Welche Chancen sehen Sie in diesem Bereich?
Digitale Lösungen von der Bestellung von Produkten, über das Reservierungs- und Buchungssystem bis hin zur Abrechnung und Bezahlung sind mit Sicherheit ein absoluter Megatrend, den niemand ignorieren darf. Es ist nur seltsam, was damit immer gleich in Verbindung gebracht wird, wenn man sich Medienberichte anschaut. Werden wir wegen der Digitalisierung zukünftig nur noch von Robotern bedient, bestellen nur noch per Tablet oder am besten gleich per implantiertem Chip und drucken unser Essen am Tisch aus? Nein. Vor allem wird die Digitalisierung in der Gastronomie dazu führen, dass das Analoge besser wird. Denn Gastronomen werden sich noch mehr auf das konzentrieren können, was wirklich wichtig ist in der Gastronomie, weswegen die Menschen hereinkommen: Gastfreundschaft, gutes Essen und gute Getränke.
Die digitale Revolution findet demnach vor allem im Backoffice statt?
Viele unserer Bedürfnisse sind sehr speziell. Der Schlüssel ist, etwas zu schaffen, das die Business-Seite anspricht, das mir hilft, mein Geschäft besser zu betreiben, statt mir den Kontakt zum Gast wegzunehmen. Schon jetzt gibt es viele digitale Lösungen für Kasse, Dienstplanung, Buchhaltung und vieles mehr – Prozesse, die dazu beitragen, die gefürchtete Zettelwirtschaft zu minimieren sowie Kosten und vor allem Zeit zu sparen, die dann umso mehr fürs Wesentliche – nämlich Gäste und Mitarbeiter – vorhanden ist.
Stichwort Mitarbeiter: Der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte und junge Talente ist längst auch im Gastgewerbe angekommen. Was zeichnet aus Ihrer Sicht einen guten Arbeitgeber aus?
Mitarbeiter in der Gastronomie sind heute schon zum großen Teil Millennials und Angehörige der Generation Z. Diese Generation will ganz besonders nachdrücklich Arbeit mit Sinn, will mitentscheiden und eine Balance aus Arbeit und Freizeit. Der berüchtigte raue Ton in der Küche ist so ziemlich das Letzte, was ihr gefällt. Doch gleichzeitig mag sie sinnvolle Führungsstärke, Vorbilder und Unternehmer mit Leidenschaft. Es gibt viele Möglichkeiten, vom Arbeit- zum Sinngeber zu werden: Sei es die Teilnahme an Fortbildungen oder Auslandsprogrammen zwischen Betrieben, um den Erfahrungshorizont junger Mitarbeiter zu erweitern. Ebenfalls hilfreich sind gut strukturierte Praktika, die jungen Menschen zeigen, wie interessant das Unternehmen und die Branche sind. Das bedingt jedoch, dass die Leute nicht als billige Arbeitskräfte eingeplant werden.
Die HOGA gilt nicht nur als Talentschmiede für das bayerische Gastgewerbe, sondern widmet sich auch regelmäßig den neuesten Food-Trends. Beim Blick aufs Verbraucherverhalten scheinen Veggie-Konzepte weiterhin hoch in der Gunst zu stehen…
Weniger Fleisch zu essen ist in vielerlei Hinsicht sinnvoll. Die gute Nachricht: Gemüse hat in der Gastronomie selten besser geschmeckt als heute. Viele Sterneköche zeigen bereits seit einigen Jahren regelmäßig, welch großes geschmackliches Potenzial in pflanzlichen Produkten schlummert. Nun wandert der Trend aus den Sterneküchen in Casual-Konzepte: Immer mehr Köche und Gastronomen gehen dazu über, Gemüse nicht einfach nur zu kochen, sondern damit kreativ und kundig zu experimentieren.
In Bayern wird aber auch immer noch gerne Fleisch gegessen. Oder etwa nicht?
Absolut, nur der Fokus verschiebt sich zunehmend. Als Gegentrend zu Veggie-Konzepten entsteht eine neue Begeisterung für hochwertiges Fleisch in exklusiver Qualität. In erster Linie geht es hier um eine Tierhaltung, die sich stärker an den Bedürfnissen der Tiere orientiert. Darüber hinaus gewinnt auch bei Spitzenköchen rund um den Globus das Konzept „Nose to Tail“ – also die Verwertung möglichst des ganzen Tieres – immer mehr Bedeutung.
Essen und Trinken gehören untrennbar zusammen. Nachdem Sie bereits einen Ausblick gegeben haben, was künftig auf den Tellern landet – gibt es denn auch neue Ideen beim Getränkeangebot?
Die gibt es. Abseits von süßen Limonaden und Wasser entsteht derzeit ein großer Facettenreichtum alkoholfreier Getränke. Initiiert wurde auch dies vor allem von Köchen gehobener Restaurants. Dabei kommen Techniken wie die Fermentation zum Einsatz, und die Getränke werden meist auf den jeweiligen Gang abgestimmt. Ebenfalls viel Beachtung finden – auch wenn’s erstmal sauer klingt – mit Essig hergestellte Getränke, wie beispielsweise das „Tschopperl Wossa“ vom Gegenbauer aus Österreich. Vor allem in der Geschmacksrichtung Tomate eine echte Empfehlung.