Herr Aiwanger, wie sähe Bayern wohl ohne seine Tourismuswirtschaft aus?
Das möchte ich mir nicht vorstellen. Der Tourismus sichert das Einkommen von rund 600.000 Menschen, vor allem auch im ländlichen Raum. Darüber hinaus profitieren die Einheimischen von der Wertschätzung einer Region. Mit einer attraktiven Urlaubsdestination kann man sich sehen lassen. Wenn die eigene Heimat einen touristisch guten Ruf genießt, wertet das auch das eigene Selbstwertgefühl auf. Viele Menschen sind stolz, wenn Gäste aus aller Welt in ihrer Heimat zu Gast sind. Sie sind gerne bereit, sie willkommen zu heißen. Das Gespräch im Wirtshaus, die kurze Auskunft auf der Straße, die gemeinsame Begegnung bei einer Wanderung: Tourismus fördert Toleranz und den Austausch der Kulturen. Ohne Tourismus wäre Bayern in vielerlei Hinsicht ärmer.
Die gemeinsame Imagekampagne des Freistaats ist entstanden, um die Werte des Tourismus in Bayern aktiv zu kommunizieren. Wie ist diese Kampagne entstanden?
Der konkrete Impuls kam vom Bayerischen Zentrum für Tourismus in Kempten. Dort wurde in verschiedenen Befragungen und Studien anschaulich herausgearbeitet, dass Corona etwas mit der Einstellung der Menschen zum Tourismus gemacht hat. Bei Teilen der Bevölkerung sind die positiven Effekte des Tourismus in den Hintergrund gedrängt worden, die negativen Aspekte wurden überdeutlich wahrgenommen. Dieses etwas verzerrte Bild möchten wir wieder geraderücken. Und diese Idee kam in der Branche gut an: 17 Partner machen bei der Kampagne mit, die die Bayern Tourismus Marketing GmbH umgesetzt hat. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den DEHOGA Bayern und alle weiteren Projektpartner für ihr Engagement. Für mich ist diese Kampagne ein sehr gutes Beispiel für erfolgreiches gemeinsames Handeln von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Wir können viel erreichen, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen.
Was zeichnet die Kampagne aus Ihrer Sicht aus?
Was die Kampagne besonders macht: Sie richtet sich nicht an die Gäste, sondern an die Einheimischen – an uns alle, die wir in Bayern leben. Wir wollen daran erinnern, dass Tourismus nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist, sondern auch ein Garant für mehr Lebensqualität. Denn auch die Einheimischen profitieren, wenn eine Urlaubsregion funktioniert. Unsere Ortschaften sähen ohne Tourismus anders aus, er prägt in positivem Sinne unsere Regionen. Thermen und Schwimmbäder, Museen, Rad- und Wanderwege, Cafés und Gasthäuser, attraktive Einzelhandelsgeschäfte, Supermärkte oder Bäcker, Freizeitparks und Seilbahnen, der ÖPNV – vieles, was vor Ort an Infrastruktur entstanden ist, würde es für die Einheimischen allein nicht geben. Tourismus schafft Vielfalt und verbessert die Lebensqualität der Menschen vor Ort! Auch die Einheimischen müssen davon überzeugt sein, dass ihnen Tourismus guttut. Darüber hinaus wollen wir mit der Kampagne die Menschen in den Fokus rücken, die Urlaub in Bayern überhaupt erst möglich machen. Denn hinter der Tourismusbranche stehen Menschen, die für ihren Beruf brennen, die Gäste und Einheimische gleichermaßen begeistern. Sie sind die wahren „Urlaubsmacher“, wie es in der Kampagne heißt. Ohne die Beschäftigten der Branche gäbe es keinen Bayerntourismus. Wir wollen mit der Kampagne auch ein großes Dankeschön aussprechen für ihre engagierte Arbeit.
Was macht die Tourismusbranche als Arbeitgeber attraktiv?
Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Arbeiten im Tourismus bedeutet Freude, Vielseitigkeit, Arbeitsplatzsicherheit und eine enorme Fülle an Beschäftigungsmöglichkeiten, in der Stadt oder auf dem Land, in einem Familienbetrieb oder einem größeren Unternehmen, in einem Hotel oder in einem Restaurant, in einem Reisebüro, im Freizeitpark oder bei einem Seilbahnbetrieb. Man kann sich immer weiterentwickeln, sich weiterbilden bis hin zur Selbständigkeit. Die Möglichkeiten und Chancen sind beinahe unendlich. Hinzu kommt: Die Gastlichkeitsbranche ist positiv besetzt. Urlaub tut den Menschen gut und heilt die Seele. Urlaub bedeutet Auszeit vom Alltag. Wer im Tourismus arbeitet, hat es also vor allem mit Menschen zu tun, die gut drauf sind und die schönste Zeit des Jahres genießen wollen. Der Tourismus bietet Arbeit in einem positiv gestimmten Arbeitsumfeld. Außerdem ist es ein gutes Gefühl, etwas Sinnvolles zu arbeiten und den Gästen den Urlaub zu verschönern. Man genießt zudem das Privileg, dort sein Geld zu verdienen, wo andere gerne ihren Urlaub verbringen.
Zur Person
Nach Ableistung seines Wehrdienstes absolvierte Hubert Aiwanger ein Studium zum Agraringenieur (FH) an der FH Weihenstephan. Seine politische Karriere begann er mit dem Eintritt in die Partei Freie Wähler im Jahr 2002. Seit 2006 fungiert er als deren Landesvorsitzender. 2008 wurde Aiwanger erstmals in den Landtag gewählt. Von 2008 bis 2018 war er Fraktionsvorsitzender der Landtagsfraktion, seit 2010 ist er zudem Bundesvorsitzender der Partei. In die erste Riege der Bayerischen Landesregierung trat Aiwanger im Jahr 2018 als Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Zudem ist der heute 52-Jährige – ebenfalls seit 2018 – stellvertretender Bayerischer Ministerpräsident.