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inker Fuß nach vorne, rechter zur Seite, Drehung und bitte... schön geradestehen. Man(n)ch einem treiben solche Anweisungen den Schweiß auf die Stirn. Für Christoph Möller sind sie entspannter Alltag. Der gebürtige Rosenheimer ist seit sieben Jahren Präsident der Deutschen Tanzschulen und bringt frischen Schwung in die Branche.
In seinem 16. Lebensjahr wurde das Tanzparkett zu seiner zweiten Heimat. Er folgte Freunden anfangs etwas lustlos in den ersten Tanzkurs. "Ich wollte nicht als Außenseiter dastehen - also bin ich mit." Soziale Kontakte auf und neben der Tanzfläche motivieren ihn zum Mitmachen. Irgendwann kam die Leidenschaft für Walzer, Samba und Co. Möller probierte sich aus in Single- und Paartanz unf brillierte auf nationalern und internationalen Tanztunieren. Eigentlich sollte seine berufliche Laufbahn ihn Richtung Außernhandel führen. Doch statt Textilbetriebswirt wurde er Tanzlehrer. Ambitioniert übernahm er die Münchner Traditionstanzschule Steuer und engagierte sich früh in Verbänden für seine Branche.
"Jeder sollte tanzen können!"
Möller sieht es überall: Das Tanzen erlebt nach der Pandemie ein großes Revival. "Die Bewegung nimmt Menschen den Stress, lindert Zukunftsängste." Zudem gibt es nach den Lockdowns ein großes Bedürfnis nach Gesellschaft. Das war schon früher so. "Der erste Weltkrieg hat die Menschen psychisch und physisch schwer belaste. Als Gegengift entstanden in der Zeit viele Gesellschaftstänze." Kramt man tiefer in der Geschichte, fallen ihm weitere Beispiele ein. "Als 1814 auf dem Wiener Kongress die Neuordnung Europas diskutiert wurde, entstand der Wiener Walzer. Eigentlich eine Weiterentwicklung vom Landler, einem Bauerntanz. Die Bauern hattten nicht genug Geld für Alkohol. Also tanzten sie sich mit vielen Drehungen eine Art Rausch."
Gesundmacher und echte Kommunikation
Studien beweisen: Tanzen stimuliert unseren Körper wie keine andere Sportart. Es kommt zu einer Ausschüttung der Glückshormone Dopamin und Endorphin. Zudem werden unzählige Bereiche im Hirn simultan angesprochen, etwa das Bewegungszentrum oder jenes für Musik. Die Folge: Esbilden sich neue Synapsen in den Hirnregionen. Ein Effekt, der sogar schwere Erkrankungen wie Alzheimer lindern kann. Doch Tanz taugt nicht nur zur Therapie. Er ist stets eine Form von Kommunikation – man denke etwa an rituelle Regen- oder Kriegstänze. Bei manchem Paar mag die Bewegung auch wie ein Kriegstanz anmuten. „Streit und schlechte Laune sind ein absoluter Killer für leidenschaftliches Tanzen. Wird der Partner kritisiert oder streng korrigiert, erlischt jeglicher Spaß an dieser Bewegung sofort.“ Besser: Geduld haben, Verständnis zeigen. Das gilt vor allem für den Umgang mit tanzscheuen männlichen Zeitgenossen.
Männer leiden oft unter Versagensängsten
Tanz, besonders Paartanz, gilt häufig noch imme als kompliziert und setzt vor allem Männer vielfach unter Druck. „Pädagogisch hat sich in den letzten Jahren in Tanzschulen sehr viel weiterentwickelt. Aber es gibt da noch immer ein gewisses
Imageproblem.
Sendungen wie „Let’s Dance!“ verzeichnen hohe Einschaltquoten, transportieren aber auch das Bild von einem anstrengenden, schwierigen Sport. „Das ist, als ob man die Formel 1 mit dem normalen Führerschein vergleicht. Es hat im Grunde genommen nur sehr wenig miteinander zu tun.“ Tanz ist Leichtigkeit, Spaß und Wegbereiter für neue Kontakte. Ein prägendes Erlebnis für Möller war in diesem Zusammenhang das West Coast Swing Festival 2016 in den USA mit über 1.000 Tänzern. „Wir alle haben miteinander getanzt, Alter, Einkommen oder sozialer Hintergrund waren völlig egal.“ Dass Tanzen einfach nur Spaß machen kann, erkennen vermehrt auch stark wettbewerbsorientierte Länder: Osteuropa ist seit Jahrzehnten sehr erfolgreich im Solotanz, etwa dem Ballett. Möller wurde eingeladen, hier den Gesellschaftstanz stärker zu etablieren. Eine Aufgabe, der er sich mit Freude widmet.
Mit ebenso viel Freude und Einsatz widmet sich Möller der Verbandsarbeit. Er will die Branche stärken, besser vernetzen und auf politischer Ebene mehr erreichen. Daher entschlossen sich die deutschen Tanzschulen 2022 unter seiner Führung zu einer Partnerschaft mit dem DEHOGA.
„Tanzen ist ein beliebtes Hobby und hat ein grundlegend positives Image. Genauso wie das Gastgewerbe. Beim einen wie beim anderen geht es um ein gemeinsames Erlebnis mit einem gewissen Anspruch an Service, Ambiente und Professionalität. Die Betriebe, die sich im DEHOGA vernetzen, sind sich dieses Anspruchs bewusst. Auch bei den politischen Forderungen, etwa der dauerhaften Umsatzsteuersenkung auf Getränke, sind wir auf einer Linie. Gemeinsam können wir einfach mehr erreichen.“
Eine Übersicht über alle professionellen deutschen Tanzschulen und mögliche Kooperationspartner finden Interessierte im Internet unter http://www.tanzen.de
Der WDTU ist ein Zusammenschluss von Tanzschulunternehmen in Deutschland und deutschsprachigen Anrainern. Ihm zugehörig sind ca. 600 Tanzschulunternehmen mit über 1.000 Standorten. Als größter Verband seiner Art widmet er sich überwiegend der Unterstützung bei der erfolgreichen Führung einer modernen Tanzschule, gleich welcher Art. Seit Jahren in dieser Branche erfahrene Experten liefern kontinuierlich aktualisiertes Know-how zu den Themen Steuern, Recht und Betriebswirtschaftslehre. Der WDTU sorgt für einen aktiven Austausch innerhalb des Verbandes und für eine starke Vernetzung aller Mitglieder. Zahlreiche Seminare sowie ein einmal jährlich stattfindender Fachkongress runden das Weiterbildungsangebot jenseits der Tanzfläche ab. Darüber hinaus unterstützt der WDTU Unternehmen von der Gründung bis zur Firmenübergabe mit kreativen Ideen und Konzepten. Er vertritt die Interessen aller professionellen Tanzschulen und Tanzbranchen gegenüber der Politik und macht auf die wichtige Branche der Kultur- und Kreativwirtschaft aufmerksam.