sabella Lombardo ist eine bekannte Barkeeperin in der »Lvdwig Bar« am Wiener Naschmarkt. In Cocktail-Workshops gibt sie ihr Wissen rund um gute Drinks und deren Zusammensetzung weiter. Die Powerfrau wurde 2021 zur „Barfrau des Jahres“ gewählt. Gastgeber Bayern hat mit ihr über ihr persönliches Erfolgsrezept gesprochen.
LIEBE ISABELLA, IN DEINEN JUNGEN JAHREN BLICKST DU SCHON AUF EINE BEACHTLICHE LAUFBAHN ALS BARKEEPERIN ZURÜCK. WIE BIST DU DARAUF GEKOMMEN, BARKEEPERIN ZU WERDEN?
Um ehrlich zu sein, hatte ich das nie vor. Das ist eher aus der Not heraus entstanden. Da meine Mutter alleinerziehend war, habe ich schon früh in der Schulzeit mit Nebenjobs angefangen. Bei meinem ersten Job verdiente ich für Kellnern in einer Pizzeria 4,50 Euro in der Stunde. Dann habe ich die Möglichkeit bekommen, eine Ausbildung zur Barkeeperin zu machen. Das lag mir und hat mir auch wirklich Spaß gemacht. Eigentlich wollte ich Psychologin werden, aber mein jetziger Beruf ist davon auch gar nicht so weit entfernt (lacht).
DU BIST EINE ECHTE POWERFRAU MIT EINER ENORM POSITIVEN AUSSTRAHLUNG. WORAUS ZIEHST DU DEINE KRAFT UND ENERGIE?
Jedem passieren gute und schlechte Dinge im Leben. Das Geheimnis liegt darin, sich nicht an den unangenehmen Ereignissen festzuhalten, sondern aus Fehlern zu lernen und wieder aufzustehen, wenn man gefallen ist. Auch schwierige Zeiten machen einen zu dem Menschen, der man ist. Es nützt nichts, Vergangenes zu bereuen – man muss seine Schlüsse daraus ziehen und seine Zukunft aktiv gestalten. Diese Überzeugung gibt mir die Kraft, die vielen schönen Facetten des Lebens zu genießen und gleichzeitig auch die weniger angenehmen Erfahrungen zu schätzen.
DU WURDEST MIT DEM TITEL „BARFRAU DES JAHRES 2021“ AUSGEZEICHNET. WAS GEHÖRT FÜR DICH ZU DEN AUSSCHLAGGEBENDEN FAKTOREN, DIE MAN NEBEN DEM COCKTAIL-MIXEN ALS ERFOLGREICHE BARKEEPERIN MITBRINGEN SOLLTE?
Ich glaube, in meinem Beruf geht es nur am Rande um die Drinks. Gute Drinks können viele Barkeeper mixen. Im Fokus steht der Gast – schließlich sind wir eine Dienstleistungsbranche. Das vergessen einige Kollegen leider allzu oft im permanenten Wettbewerb mit ihrer Konkurrenz. Letztendlich ist es völlig egal, wie viele Auszeichnungen man erhalten hat. Wenn sich der Gast nicht wohl fühlt, wird er nicht in Deine Bar kommen. Wenn die Gäste kommen, sich wohlfühlen und im Idealfall auch wiederkommen, ist es die größte Auszeichnung für unsere Arbeit.
GIBST DU DIESES WISSEN AUCH IN DEINEN WORKSHOPS WEITER?
Definitiv und was ich immer sage: Wenn Du shakest und es weh tut, dann machst Du es richtig. Gleichzeitig musst Du aber immer lächeln und so tun, als wäre es das Schönste, das Du Dir vorstellen kannst (lacht).
WIE DU WEISST, WIDMEN WIR DIESE AUSGABE INSBESONDERE DEM WEIBLICHEN BLICK AUF DIE BRANCHE. WARUM IST ES SO WICHTIG, ALLE GESCHLECHTER IN DER UNTERNEHMENSWELT, VOR ALLEM AUCH IM GASTGEWERBE, ZU FÖRDERN?
Ich denke, es ist völlig unerheblich, ob ein Mann oder eine Frau hinter der Bar steht. Man muss für den Job gemacht sein. Die Gastronomie ist ein extrem hartes Pflaster, an dem sehr viele Menschen zerbrechen – Männer und Frauen. Man muss das mit Leidenschaft machen, was man tut. Da geht es nicht darum, welchem Geschlecht man angehört.
WAS WÜRDEST DU JEDER JUNGEN FRAU ANS HERZ LEGEN, DIE GERNE HINTER DER BAR ARBEITEN MÖCHTE, BISHER ABER VIELLEICHT NOCH ZÖGERT?
Dass sie erst einmal was Gescheites lernen sollte (lacht). Nein, Spaß beiseite: Man muss sich dessen bewusst sein, dass dieser Job nicht aus Parties, Trinken und guten Trinkgeldern besteht. Auch das gilt übrigens für Frauen und Männer. Der – im Vergleich zu „konventionellen“ Jobs – andere Lebensrhythmus wirkt sich auch sehr auf das Privatleben aus: So wird es beispielsweise nicht leicht sein, bisherige Freundschaften aufrecht zu erhalten, da wir arbeiten, wenn die anderen frei haben und umgekehrt. Auch wenn der Partner nicht in der Gastro arbeitet, kann das zu Spannungen führen. Dessen sollte man sich bewusst sein. Darum glaube ich, dass man diesen Beruf nicht ausüben sollte, um Geld zu verdienen, sondern weil man das wirklich lebt und gerne macht.
WIE DU GERADE GESAGT HAST, SIND DIE ARBEITSZEITEN IN DER GASTRONOMIE EINE ENORME HERAUSFORDERUNG. WAS IST DEIN GEHEIMTIPP FÜR EINE AUSGEWOGENE WORK-LIFE-BALANCE?
Ich persönlich habe mir angewöhnt, alle zwei bis drei Monate einen kleinen Kurzurlaub zu machen. Das muss wahrlich keine Weltreise sein, aber ein wenig rauszukommen und frische Luft zu genießen, macht den Kopf frei. Hier kann man auch Inspirationen für seinen Berufsalltag sammeln. Von diesen Kurztrips bringe ich fast immer Ideen für neue Drinks mit. Zudem macht es den oft mühsamen Arbeitsalltag leichter, wenn man sich auf etwas freuen kann. Sowohl als Chefin als auch als Arbeitnehmerin bin ich ein großer Freund der Vier-Tage-Woche. Ich habe kein Problem damit, zehn bis zwölf Stunden am Tag zu arbeiten, aber vor allem in der Nachtgastronomie ist es wichtig, wieder runterzukommen. Ein Tag frei nützt hier nichts. Wenn man drei Tage frei hat, hat man die Zeit, ein wenig zu entspannen, alltägliche Dinge zu erledigen oder auch wegzufahren. Das ist wichtig, um den Spaß am Leben nicht zu verlieren. Daran orientiere ich mich auch beim Schreiben unserer Dienstpläne. Davon profitieren die Unternehmen, die Mitarbeiter und letztendlich auch die Gäste.
ALS ERFOLGREICHE BARKEEPERIN WEISST DU NATÜRLICH, WORAUF ES BEI EINEM BAR-BESUCH ANKOMMT. WAS MACHT FÜR DICH DEN PERFEKTEN BAR-ABEND AUS UND WORAUF LEGST DU BEIM BESUCH NEUER LOCATIONS BESONDEREN WERT?
Ganz zentrale Elemente, um sich wohlzufühlen, sind für mich das Licht und die Musik. Das Licht darf nicht zu grell und nicht zu düster sein und die Lichtfarbe muss stimmen. Hinsichtlich der Musik werde ich wahnsinnig, wenn die ganze Zeit nur die Spice-Girls laufen (lacht). Es spricht ja nichts gegen die 90er – aber der Mix muss stimmen. Ich persönlich bevorzuge eine Mischung aus Jazz und modernen Titeln. Das ist aber auch abhängig von der Uhrzeit. Wenn man gemütlich mit Freunden beisammensitzt, möchte man vielleicht auch nicht dauernd Frank Sinatra hören. Es ist schon eine Kunst für sich, das passende Ambiente für einen gelungenen Bar-Aufenthalt zu schaffen. Am wichtigsten ist aber das Personal: Die Gäste verzeihen schon einmal einen schlechten Drink, was sie nicht verzeihen, ist eine unhöfliche Bedienung. Natürlich sind handwerkliche Fähigkeiten wichtig, aber mit der Freundlichkeit gegenüber dem Gast steht und fällt ein gelungener Bar-Besuch.
Das Interview führte Melanie Walz