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leich zu Beginn sei eine eher ernüchternde Information vorangestellt: Die selbst-fotografierte authentische Mahlzeit, und wenn sie noch so schön angerichtet ist, wird selten so gut, mundwässernd und nahezu duftend aussehen wie im Magazin, auf dem Plakat oder im Kochbuch. Warum? Weil Gastronomen hier in der Regel nicht tricksen.
Marketingspezialisten haben viele Geheimnisse und verwenden Techniken, um
tolle Fotos zu machen. Und Lebensmittelfotografen ersetzen einige Fast-Food-Zutaten durch Rasierschaum, Klebstoff und Haarspray. Aber Gastronomen berei-
ten echtes Essen zu. Mit echten Lebensmitteln. Das „Fotomodell“ kann (hoffentlich) gleich nach dem Shooting aufgegessen werden. Was also sollte bei echter Food-Fotografie beachtet werden? Im Folgenden sind einige wichtige Grundlagen zusammengefasst, um die selbst gekochten Mahlzeiten ideal in Szene zu setzen.
Weil das Shooting von Speisen selbst meist sehr schnell gehen muss, ist es umso wichtiger, konkrete und zielgerichtete Vorbereitungen zu treffen – hierfür muss das spätere Bild quasi schon vor seiner Entstehung „feststehen“. Vor Beginn müssen alle benötigten Materialien, Requisiten und die Ausrüstung griffbereit und aufgebaut sein. Dabei gibt es einige grundsätzliche Faktoren zu beachten: Wird das Gericht beispielsweise heiß serviert, könnte Dampf das Motiv und die gewünschte
Bildkomposition stören. Gefrorene „Motive“ hingegen könnten unter der zusätzlichen Beleuchtung schnell schmelzen. Darum empfiehlt es sich bei kalten Lebensmitteln und Gerichten, immer das ein oder andere Backup vorzubereiten.
Quicktipp: Ideal für die Vorbereitung eignen sich die klassischen „W-Fragen“: Was wird gekocht? Wie soll es aussehen? Was für ein Stil wird angestrebt? Welche Requisiten werden benötigt (frische Kräuter, Auswahl von „fotogenem“ Gemüse, Blüten etc.)?
Auch der Hintergrund eines fotografierten Gerichts hat Einfluss auf die Wirkung des späteren Bildes. Darum sollte bewusst überdacht werden, vor welchem Hintergrund das gewünschte Gericht am besten zur Geltung kommt. Der richtige Ort, Unter- und Hintergrund können jedes Motiv entweder unterstützen, es richtig inszenieren – oder erdrücken. Dabei gilt es neben optischen Aspekten, auch einen inhaltlichen Rahmen zu setzen: Was ist das Thema des Gerichts? Wo würde man es genießen? Welche Bilder und Assoziationen sollen ausgelöst werden? Auch die Textur des Gegenstandes, auf dem das Hauptmotiv gegebenenfalls fotografiert wird, hat einen großen Einfluss auf die gefühlte Authentizität des Bildes – ein Burger muss beispielsweise anders abgebildet werden als ein sommerliches Fischgericht. Präzise
gesetzte Stilbrüche können allerdings auch als „künstlerisches Mittel“ eingesetzt werden, um die erzielte Aufmerksamkeit zu steigern. So könnte der oben genannte Burger beispielsweise bewusst auf feinem China-Porzellan platziert werden.
Quicktipp für die „kleine“ Küche: Bei der Auswahl des passenden Hinter- oder Untergrunds können (relativ) kostengünstige Fototapeten helfen – abwaschbar und platzsparend kann damit schnell und ohne viel Platz- oder Zeitaufwand ein „Studiosetting“ gezaubert werden.
Das Licht und Schattenspiel auf dem erzeugten Bild sorgt für eine zusätzliche Tiefe der Aufnahmen. Es verstärkt den appetitlichen Effekt und ist oft das vielzitierte „Zünglein an der Waage“ zwischen bloßer Abbildung eines Gerichts und mundwässernder Inspiration – also dem Effekt, den jeder Food-Fotograf erreichen möchte. Dieser Effekt wird durch das gezielte Spiel mit unterschiedlichen Lichtquellen erreicht. Dabei gilt: Je natürlicher und weniger grell das Licht,
desto besser. Gerade vormittags und nachmittags ist das Licht diffus genug, um direktes Sonnenlicht zu vermeiden. Soll das Foto unter freiem Himmel entstehen, sollte ein eher bewölkter Tag gewählt werden. Dies sorgt für die richtige Stimmung im Bild.
Sollen unabhängig vom Tageslicht und Wetter Aufnahmen entstehen, sind Studioblitze und Softboxen nützliche Helfer, die für eine ähnliche Lichtstimmung sorgen. Alternativ kann auch auf ein Studiosetting mit Tageslichtlampen zurückgegriffen werden.
Das „Model“ gut aussehen zu lassen, ist die Königsdisziplin der Fotografie. Im Fall der Nahrungsmittelfotografie empfiehlt es sich, erst einmal mit einem „Basis-Setting“ auf dem Teller zu beginnen und dieses schrittweise mit verschiedenen zusätzlichen Dekorationen auszuschmücken. Zwischen jedem Schritt sollte
fotografiert werden, um im Zweifel auch einen Schritt zurückgehen zu können. Denn wie so oft gilt auch in diesem Bereich: Weniger ist manchmal mehr.
Quicktipp: Frisches Gemüse sollte kurz vor der Aufnahme mit Wasser eingenebelt werden. Die Wassertropfen betonen die Frische.
Zwar kann sich das „Model“ bei der Food-Fotografie nicht bewegen oder beschweren, trotzdem muss es hier sehr schnell gehen. Viele Gerichte verlieren bereits nach kurzer Zeit ihren appetitlichen Glanz. Sie können zusammenfallen, schmelzen, ihre Struktur verlieren oder sogar an Farbe einbüßen. Ähnliches gilt auch für frische Requisiten (Dekorationen) die man neben das Motiv legt. Daher muss – wie schon zu Beginn erwähnt – die Vorbereitung stimmen und schon vor der ersten Aufnahme der komplette Aufbau stehen. Von der Requisite bis zum Licht.
Und zu guter Letzt: Welche Technik wird für gute Food-Fotografie benötigt? Diese Frage ist schnell beantwortet. Jedes neuere Smartphone macht ausreichend gute Fotos mit Tiefenschärfe, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Soll eine Kamera zum Einsatz kommen, ist man schon mit einer einfachen Systemkamera bestens
ausgerüstet. Was Objektive und weitere technische Details angeht, ist vor allem das
eigene Gespür, der Fokus und die Komposition ausschlaggebend.
Ein Teil der letztendlichen Gesamtkomposition ist auch immer die Perspektive. Für Social Media-Kanäle eignen sich insbesondere Aufnahmen aus der Vogelperspektive. Soll hingegen bewusst eine Seite des Gerichts im Fokus stehen – beispielsweise bei einem aufgeschnittenen Sandwich – empfiehlt sich eher ein tieferer Aufnahmewinkel. Auch hier gilt: Ausprobieren und Spaß haben, denn erlaubt ist, was gefällt!
Quicktipp: Geringe oder größere Tiefenschärfen können als bewusstes Mittel eingesetzt werden, um die Aufmerksamkeit des Betrachters zu steuern. Ein unscharfer Hintergrund kann sich auch gut eignen, um unwichtige Details zu verstecken.