err Nussel, Sie sind seit vier Jahren Entbürokratisierungs-Beauftragter der bayerischen Staatsregierung. Welche Fortschritte haben Sie in dieser Zeit erzielt?
Die Anfangsphase war sportlich, da galt es Überzeugungsarbeit zu leisten, vor allem, dass ich nicht gegen die Verwaltung arbeite. Auf der anderen Seite ist da der Unternehmer, der die zahlreichen Richtlinien und Verordnungen kritisch sieht und zwischen unnötiger Bürokratie und echtem Verbraucherschutz die Orientierung verliert. Wichtig ist für mich, dass meine Arbeit den Menschen hilft. Und damit meine ich sowohl die Menschen, die Verordnungen beschließen als auch die Menschen, die davon betroffen sind, also der Unternehmer, seine Angestellten und auch die Konsumenten. Da haben wir mit unseren Praxis-Checks einen intelligenten Weg gefunden für ein gegenseitiges Verständnis zu sorgen.
WAS VERBIRGT SICH HINTER DEN PRAXIS-CHECKS?
Warum muss ich die digital gesteuerte und protokollierte Temperatur eines Kühlraums in einer Hotelküche auch noch alle zwei Stunden handschriftlich festhalten? Genau diese Situationen sollen die Praxis-Checks vor Ort entschärfen. Beispielsweise laden wir Vertreter aus dem Sozialministeriums zum Praxis-Check in einen gastronomischen Betrieb ein. Warum? Weil das Sozialministerium zuständig für die Arbeitsstättenverordnung ist – und die spielt in der Gastronomie und Hotellerie, wie wir alle wissen, eine große Rolle. Anhand konkreter Beispiele aus der Praxis zeigen wir, wie Regelungen übers Ziel hinausschießen und Bürokratie aufbauen. Andererseits können wir den Unternehmern so besser vermitteln, dass es ohne einen vernünftigen Ordnungsrahmen eben auch nicht geht. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ohne diese Praxis-Checks in der Debatte um Bürokratieabbau nicht weiterkommen.
SIE HABEN JETZT VIER JAHRE ALS BÜROKRATIE-JÄGER ABSOLVIERT. WAS WÜNSCHEN SIE SICH FÜR DIE NÄCHSTEN VIER JAHRE?
Ich wünsche mir, dass die Menschen weniger auf den Staat, die Kommune oder das Ordnungsrecht schauen, sondern dass die Selbstverantwortung mehr in den Vordergrund rückt. Und mehr Selbstverantwortung bedeutet weniger Bürokratie. Dann wäre meine Arbeit erfolgreich.
ZUR PERSON
Walter Nussel ist seit 7. Oktober 2013 Mitglied des Bayerischen Landtags (Stimmkreis Erlangen-Höchstadt) und seit 14. Februar 2017 Beauftragter für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung. In der Landtagsfraktion ist er unter anderem in den Arbeitskreisen Wirtschaft, Landesentwicklung, Energie sowie Medien und Digitalisierung vertreten. Zudem ist er Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft, Landesentwicklung, Energie, Medien und Digitalisierung.
Weitere Informationen zur Entbürokratisierung im Freistaaat unter www.buerokratieabbau-bayern.de.