rau Aigner, am 15. März können die Bürger ihr „Kommunalparlament“ wählen. Ist es denn vor dem Hintergrund, dass viele politische Weichen auf Landes-, Bundes- oder gar Europaebene gestellt werden, überhaupt wichtig, zur Wahl zu gehen?
Nirgendwo haben Menschen so viele direkte Möglichkeiten, sich einzubringen, wie bei der Kommunalwahl. Was vor der eigenen Haustür geschieht, im Heimatort, im Landkreis, wird durch die Kommunalpolitik gestaltet. Kommunalpolitiker, zumeist Ehrenamtler, sind unsere Nachbarn und nicht in fernen Hauptstädten unterwegs, sondern sind stets vor Ort ansprechbar. Kommunalpolitik ist unmittelbarer und noch direkter als Landes- oder Bundespolitik, ist ganz nah am Menschen. Und die Gestaltungsmöglichkeiten sind immens.
Dennoch hat die Wahlbeteiligung kontinuierlich abgenommen: Nach Spitzenwerten von einst 85 Prozent haben bei der vergangenen Kommunalwahl nicht einmal mehr 55 Prozent von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Woran liegt das?
Ich kann es nur vermuten – vielleicht, weil Kommunalpolitik als nicht wichtig erachtet wird. Aber das Gegenteil ist der Fall. Oder vielleicht, weil es – erfreulicherweise – eine sehr große Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten gibt und es manchen zu kompliziert scheint.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, um mehr Bürger zur Wahl zu bewegen?
Ich bin zur Zeit viel im Land unterwegs, treffe viele Menschen und suche das Gespräch. Ich motiviere Kandidaten, unterstütze Mandatsträger und versuche Wähler zu überzeugen, am 15. März wählen zu gehen. Ich habe im vergangenen Oktober zu einem großen, parteiübergreifenden Motivationstreffen in den Landtag eingeladen – es kamen 300 Frauen aus ganz Bayern, die zur Kommunalwahl kandidieren. Das war ein Riesenerfolg und eine tolle Veranstaltung. Sie sehen: Ich mobilisiere, wo ich nur kann.
Hotellerie und Gastronomie zählen mittlerweile als die regionalen Wirtschaftsmotoren. Dennoch hat man manchmal den Eindruck, dass deren Bedeutung nicht jedem kommunalen Vertreter bewusst ist. Woran liegt das?
Das kann ich mir kaum vorstellen. Ich habe meinen Stimmkreis in Miesbach, einer Region, die sehr stark touristisch geprägt ist. Da wissen die kommunalen Vertreter sehr wohl um die Bedeutung von Hotellerie und Gastronomie.
Und welche soziokulturelle Bedeutung hat ein Wirtshaus für Sie?
Ich bin auf dem Land aufgewachsen. Da steht das Wirtshaus üblicherweise mitten im Dorf, neben der Kirche. In jeder Hinsicht also ein Mittelpunkt, eine wichtige Kommunikationszentrale des Gemeinschaftslebens und eine Kultureinrichtung zugleich. Ich bin übrigens neben unserer Wirtschaft aufgewachsen und habe dort auch noch dem Opa ein frischgezapftes Bier gebracht.
Haben Sie einen Wunsch an unsere Hoteliers und Gastronomen?
Ja. Gehen sie mit der Zeit! Es ist gut, wenn Hotels oder Restaurants die Möglichkeiten sozialer Medien nutzen, um sich darzustellen. Das könnten noch viel mehr tun. Es schafft Nähe zum Kunden, ist eine gute Visitenkarte und eine Werbung, die fast nichts kostet. Und ich bin ein großer Fan von der Möglichkeit, online zu buchen oder Tische zu reservieren. Auch hier gibt es manchmal noch Nachholbedarf.
Zur Person
Ilse Aigner, geboren am 7. Dezember 1964 in Feldkirchen, ist seit November 2018 Präsidentin des Bayerischen Landtags und seit 2011 Vorsitzende des größten CSU-Bezirksverbandes Oberbayern. Sie war von 2013 bis 2018 stellvertretende bayerische Ministerpräsidentin und übte damit vom 14. bis 16. März 2018 kommissarisch die Amtsgeschäfte des bayerischen Ministerpräsidenten aus. Von März 2018 bis November 2018 war sie zudem bayerische Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr im Kabinett Söder I. Zuvor war Aigner von 2013 bis 2018 Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie im Kabinett Seehofer II. Sie war nach ihrem erfolgreichen Antreten bei der Landtagswahl in Bayern 2013 aus Berlin nach München gewechselt. Von Oktober 2008 bis September 2013 war Aigner Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, bereits seit 1998 gehörte sie dem Deutschen Bundestag an. Zuvor hatte die Elektrotechnikerin schon von 1990 bis 1998 dem Bayerischen Landtag angehört.