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akob Portenlänger führt das heutige Bio-Hotel und -Restaurant "Alter Wirt" in Grünwald in vierter Generation. Im Interview mit DEHOGA Bayern spricht er über Möglichkeiten und Herausforderungen der Mitarbeitergewinnung, über die Chancen von Social Media und gibt einen persönlichen Eindruck davon, was ihn jeden Tag antreibt.
Ich finde es spannend, dass so viele davon reden, dass wir einen Mitarbeitermangel haben. Wenn ich dann frage, ob sie selbst ausbilden, beantworten sie das oft mit „Nein“, weil es so anstrengend sei. Ich glaube, wir haben einfach einige Kollegen in der Branche, die noch nicht verstanden haben, dass es unsere Aufgabe ist, die Freude, die wir an unserem Beruf haben, an junge Menschen weiterzugeben. Und dass der Prozess ein anderer ist als noch vor 16 Jahren, als ich beispielsweise meine Ausbildung als Koch gemacht habe. Damals haben sich auf eine Stelle zehn Leute beworben.
Auf eine Stelle als Koch-Azubi kommen aus Deutschland ein, zwei Bewerbungen. Dazu 50 aus Marokko. Man muss es mit diesen Bewerbern einfach ausprobieren. Sicher fällt man dabei auch mal auf die Nase, aber man hat auch tolle Möglichkeiten. Wir führen den „Alten Wirt“ jetzt in vierter Generation. Mit meinen Geschwistern zusammen habe ich vor sechs Jahren noch das „Xaver‘s“ eröffnet. Zwei der leitenden Angestellten sind ehemalige Auszubildende aus dem „Alten Wirt“. Das ist für mich ein Beispiel dafür, wie toll man eine Karriere gestalten kann. Und nein, die waren nicht immer nur bei uns, sondern auch bei anderen Kollegen. Sie sind dann aber Gott sei Dank wieder zurückgekommen. (lacht) Das zeigt mir, dass wir in der Mitarbeiterführung vielleicht auch das ein oder andere richtig gemacht haben.
Wir müssen uns die Zuwanderung zu Nutze machen. Wie können wir junge Menschen aus anderen Ländern möglichst effektiv herausfiltern? Wer passt zu meinem Betrieb, wer nicht? Wie kriege ich es hin, über ein Video-Interview einen Kandidaten herauszufiltern, der zu mir passt, der möglichst auch seine Ausbildung bei mir abschließt – und danach natürlich auch noch ein paar Jahre bei mir bleibt? Diese Fragen müssen wir uns stellen.
Wir haben Gott sei Dank viel Mund-zu-Mund-Propaganda im Großraum München. Vorgestern hatte ich erst wieder ein Bewerbungsgespräch mit dem Sohn eines ehemaligen Mitarbeiters, der mal bei meinen Eltern gearbeitet hat. Der ist immer noch in der Gastronomie. Er hat seinem Sohn gesagt: ‚Wenn du in die Gastronomie willst, dann gehst du in den „Alten Wirt“, da kriegst du eine gute Ausbildung!‘ Da geht einem als Unternehmer natürlich das Herz auf. Dann hat man doch irgendwie einen ganz guten Eindruck hinterlassen.
Natürlich, denn sie sprechen ja nicht fließend Deutsch, wenn sie nach Deutschland kommen. Einer ägyptischen Auszubildenden, die seit drei Monaten bei uns ist, finanzieren wir gerade einen Volkshochschulkurs. Wir müssen auch diesbezüglich einfach einen Schritt weitergehen als bisher. Wie wichtig sind soziale Medien für Sie? Das Thema halte ich für wahnsinnig wichtig. In der Anfangsphase des „Xaver‘s“ war eine Influencerin da, die wir über ein paar Ecken kannten. Sie hat ihren Geburtstag bei uns gefeiert. An diesem Abend haben wir ein paar Flaschen Wein ausgegeben und ein Brotzeitbrettl. Und im Gegenzug hat sie eben ihren Geburtstag im „Xaver‘s“ auf Social Media hoch und runter gespielt. Man hat tatsächlich gemerkt, wie sich in den darauffolgenden ein, zwei Wochen das Publikum geändert hat. Die Aktion hat uns einem breiteren Gästekreis geöffnet. Und genau das finde ich das Spannende: Mit relativ kleinem, aber gezieltem Aufwand viel zu bewirken. Wenn man das mit den sozialen Medien richtig macht, haben sie aus meiner Sicht viel Potenzial. Ich tue mich allerdings schwer damit, eine externe Agentur dafür zu bezahlen.
Die Gäste achten schon auf die Preise, das merkt man. Wir als Gastronomen müssen ihnen Erlebnisse bieten, die sie auf diese Weise zu Hause nicht haben können. Dann sind sie auch gerne bereit, dafür Geld auszugeben. Das sind sie aber nicht, wenn wir nur Essen warm machen und auf den Tisch stellen. Das können die Gäste zu Hause auch. Wir müssen eine Atmosphäre bieten, wir müssen einen Charme entwickeln. Wir müssen eine Beziehung zu unseren Stammgästen aufbauen. Wenn der Restaurantbesuch zum Erlebnis wird, bezahlen sie auch gern Geld dafür.
Im Alter von 14 Jahren habe ich zu meinen Eltern gesagt, dass ich diesen Betrieb irgend - wann übernehmen will. Sie haben mir dann zigmal gesagt, dass ich mir das gut überlegen und mich nicht verpflichtet fühlen soll. Ich glaube, es hat mich befreit, dass sie so klar kommuniziert haben, dass es diese Erwartungshaltung nicht gibt. Und es hat mich dazu motiviert, mir die Sache genauer anzuschauen. Wenn ich es jetzt schaffe, ein betriebswirtschaftlich gesundes Unternehmen zu führen, kann ich es vielleicht irgendwann an meinen Sohn weitergeben. Und dann habe auch ich das Generationenziel erreicht. (lächelt)