ngefangen hat alles 1987, als ich als branchenfremder Diskothekenkellner meine ersten Schritte im Nachtleben und der Gastronomie gewagt habe.
Die Erlebnisse dort haben mich stark geprägt und wurden zum Wegbereiter für meine weitere Zukunft. Bald war klar, dass der Reiz des Nachtlebens mich nie mehr loslassen würde und ich meine Leidenschaft zu meinem Beruf machen möchte. In verschiedenen Betrieben durfte ich meinen Erfahrungsschatz ausbauen, bevor ich 1992 in der damals neu eröffneten Cocktailbar Peaches in Augsburg eine neue Heimat fand. Gemeinsam mit einem Geschäftspartner gründete ich im Jahr 2000 die Howdy GmbH und übernahm das Lokal, welches sich bis zum heutigen Tag größter Beliebtheit erfreut. Daneben betreiben wir weitere, ausschließlich getränkegeprägte Lokale in Augsburg.
ZAHLREICHE VORURTEILE GEGENÜBER NACHTCLUBS
Wer in diesem Bereich unserer Branche tätig ist, weiß, dass es der Branche gegenüber auch einige Kritiker gibt. Unsere zum Teil bis in die frühen Morgenstunden geöffneten Betriebe werden oft als „zwielichtig“ eingestuft und auf übermäßigen Alkoholkonsum, Problempublikum, Drogenmissbrauch und Gewalt reduziert. Über Jahre habe ich, so wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen, um Anerkennung für unseren Zweig der Gastronomie gekämpft – im Verband sowie auch politisch, manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Erfolg. Wie in jeder anderen Branche auch waren unsere Betriebe von guten und schlechten Zeiten betroffen, die wir dank unternehmerischer Entscheidungen gut überstanden haben. Mit dem völlig unerwarteten „Hammer“ Corona stellt sich nun immer mehr heraus, was die Nachtökonomie leistet und warum sie notwendig und sogar systemrelevant ist.
ZEHN MONATE STILLSTAND
Der Begriff „Pandemie“ hatte bisher nur eine abstrakte Bedeutung und man kannte solche Horrorszenarien ausschließlich aus Hollywood-Produktionen. Doch quasi über Nacht wurde die Bedrohung in Form von COVID-19 real. Abrupt und ohne jeglichen Vorlauf mussten Mitte März alle Vergnügungsbetriebe schließen – die daraus resultierende Leere können die Gäste nicht füllen. Das Lieblingslokal geschlossen, gemeinschaftliche Treffen in der Kneipe untersagt, die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert – was man noch vor zehn Monaten für unmöglich hielt, ist traurige Wirklichkeit geworden. Und wir, als Wirte, handlungsunfähig und den politischen Entscheidungen auf Gedeih und Verderb machtlos ausgeliefert.
FESTER BESTANDTEIL DES KULTURELLEN LEBENS
„Das geht schon mal ein paar Wochen“ dachte man damals, doch mittlerweile sind knapp zehn Monate ins Land gezogen – zehn Monate, die uns verzweifeln lassen. Dabei ist nicht nur der kulturelle Stellenwert von Bars, Clubs und Diskotheken als Orte des Austauschs und des Miteinanders - vor allem auch für junge Menschen - hoch. Als soziale Anlaufstelle besteht hier im geregelten Rahmen auch die Möglichkeit, Kontakte nachvollziehbar und damit Infektionswege sichtbar zu machen. Anders, als dass bei Feiern im privaten Raum der Fall ist.
DIE DEVISE LAUTET: „WEITERKÄMPFEN“
Wenn Sie mich fragen, was die Zukunft bringt, dann habe ich keine passende Antwort. Aber ich kann Ihnen gerne erzählen, wie ich mich persönlich auf die Zukunft vorbereite: Ich bemühe mich um die von der Regierung bereitgestellten Übergangsgelder, halte meine Betriebe einsatzbereit und bereite zudem im Moment ein neues Konzept für einen Live-Club vor. Denn ich bin der Überzeugung, dass es ein „morgen“ geben wird, auch wenn traurigerweise nicht alle Betriebe die Krise überstehen werden. Im Verband werde ich weiter dafür kämpfen, dass eine Entfristung der Umsatzsteuerreduzierung unter Einbezug der Getränke kommt, damit wir – wenn es wieder los geht – zumindest einen Teil des verlorenen Jahres erwirtschaften können. Persönliche Opfer gehören in dieser Zeit dazu. Ohne meinen Glauben an eine baldige Zukunft hätte auch ich unsere Betriebe schon längst aufgeben müssen, aber meine Leidenschaft für das, woran seit drei Jahrzehnten mein Herz hängt, ist groß. Auch wenn wir es von Natur aus gewohnt sind unser eigenes Ding zu machen, ist es nun umso wichtiger, zusammen zu halten und aus gemeinsamer Stärke das Beste für unsere Branche zu erreichen. In dieser starken Hoffnung arbeite ich weiter an einer positiven Zukunft.
ZUR PERSON
Leo Dietz wurde 1967 in Augsburg geboren und absolvierte nach der Schule zunächst eine Lehre als KFZ-Mechaniker. Neben seinem Einstieg in die Gastronomie machte er zudem eine Ausbildung zum Datenverarbeitungskaufmann, wurde dann erst Betriebsleiter und später Eigentümer eines gastronomischen Betriebs. Seit 2008 sitzt er im Augsburger Stadtrat und ist heute Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion.