ERR STAATSMINISTER GLAUBER, WOFÜR STEHT FÜR SIE DER BEGRIFF „GENUSSLAND BAYERN“
Wir können in ganz Bayern stolz sein auf unsere traditionelle bayerische Gastfreundschaft und die enorme Bandbreite regionaler kulinarischer Spezialitäten. Hier bin ich gerne Gast. Bayern ist das Land der Brauereien und einer ganz speziellen Küche. Genuss wird bei uns großgeschrieben. In erster Linie denke ich dabei natürlich an meine fränkische Heimat. Ich bin zwischen Streuobstwiesen und Kirschblüten aufgewachsen. Auch die einzigartigen Landschaften mit Bergen, Seen und zwei Nationalparke gehören für mich zum Genussland Bayern.
WALD- UND ARTENSTERBEN, WASSERKNAPPHEIT, WEGWERFGESELLSCHAFT, KLIMAWANDEL – VIELE HERAUSFORDERUNGEN FÜR UNSERE UMWELT. WIE KANN MAN BEI ALL DEM ÜBERHAUPT NOCH GUTEN GEWISSENS GENIESSEN?
Wir gehen diese Herausforderungen mit großem Nachdruck an. Und wir haben bereits viel auf den Weg gebracht: Das „Volksbegehren Plus“ ist ein echter Meilenstein für den Artenschutz. Mit unserem Bayerischen Klimaschutzgesetz und unserem begleitenden 10-Punkte-Plan mit rund 100 konkreten Maßnahmen wollen wir bis 2050 klimaneutral werden. Wir setzen eine umfassende Wasserstrategie um, damit unsere wichtigste Ressource auch morgen noch überall in höchster Qualität zur Verfügung steht. Mit verschiedenen Maßnahmen wollen wir unnötige Plastikabfälle reduzieren. Grundsätzlich gilt: Genuss und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus. Manchmal reichen schon kleine Umstellungen, um eine große Wirkung zu erzielen, zum Beispiel Urlaub daheim statt mit dem Flugzeug um die halbe Welt.
WÄHREND DES LOCKDOWNS KONNTE SICH DIE NATUR EIN STÜCK WEIT ERHOLEN. WELCHE KONKRETEN ASPEKTE MÜSSEN WIR JETZT IN DIE ZEIT DANACH MITNEHMEN?
Die Pandemie ist noch nicht vorbei und stellt uns weiterhin vor große Herausforderungen. Die Gesundheit der Menschen steht dabei an erster Stelle. Aber wir lernen aus der Pandemie: Eine intakte Natur gerade auch als Rückzugs- und Erholungsraum ist durch nichts zu ersetzen. Ökonomie und Ökologie müssen deshalb zusammengedacht werden. Unsere Wirtschaft muss nach Corona zukunftsfest und nachhaltig aufgestellt werden. Wenn wir die Wirtschaft wieder ankurbeln, müssen Klimaschutz und Nachhaltigkeit mitgedacht werden. So bringt jeder Euro einen zweifachen Ertrag. Wir stärken die Wirtschaft und bringen Umwelt- und Klimaschutz weiter voran. Die Pandemie hat auch gezeigt, wie wichtig regionale Wirtschaftskreisläufe sind. Das sollten wir weiter stärken. Wir brauchen eine soziale und nachhaltige Marktwirtschaft.
DIE CORONA-ZEIT HAT DEN EIGENTLICH ZURÜCKGEHENDEN MÜLLTREND IM GASTGEWERBE WIEDER VOLL ANGEKURBELT. PLEXIGLASSCHEIBEN, EINMALHANDSCHUHE, MASKEN, EINZELN VERPACKTE WAREN UND VIELES MEHR. WAS KÖNNEN UNTERNEHMEN DAGEGEN TUN?
Sicherheit steht an oberster Stelle. Die besten Abfälle sind aber immer noch die, die gar nicht erst entstehen. Wir müssen sorgsam mit unseren Ressourcen umgehen, wo es ohne Abstriche beim Gesundheitsschutz möglich ist. Nachhaltigkeit muss einen festen Platz in unserer Gesellschaft finden. Wichtig ist gerade in Corona-Zeiten, im Alltag die Hygieneregeln besonders genau zu beachten.
WAS RATEN SIE UNSEREN GÄSTEN ZU BEDENKEN?
Der entscheidende Punkt ist, dass der Müll nicht in der Umwelt landet – dafür kann jeder etwas tun. Jetzt im Sommer kann man beispielsweise das schöne Wetter nutzen, um vor Ort im Restaurant zu essen, anstatt die Speisen in Plastik verpackt mitzunehmen. Da freuen sich der Gastwirt und der Gaumen.
STICHWORT: ZUSTÄNDE IN SCHLACHTHÖFEN. WAS KÖNNEN VERBRAUCHER DAGEGEN TUN?
Bei dem Thema sind alle gefordert. Wir brauchen beim Thema Tierschutz eine gesamtgesellschaftliche Wende. Das gilt zum einen für die Mitarbeiter und deren Arbeitsbedingungen. Auch lange Tiertransporte sind nicht mehr zeitgemäß. In Bayern haben wir zum Glück noch viele Metzger, die selber schlachten. Das müssen wir erhalten. Ich will weg von langen Tiertransporten hin zu regionaler Schlachtung und Verwertung vor Ort. Sozusagen direkt von der Wiese in den Hofladen. Deshalb haben wir uns erfolgreich für die Ausweitung der Weideschlachtung eingesetzt. Auch die Verbraucher selbst können mit ihrem Kaufverhalten zu mehr Tierwohl beitragen. Viele Verbraucher legen Wert auf gesundes Essen. Qualität ist auch ein herausragendes Merkmal für unsere Gastronomie.
WELCHE RISIKEN BIRGT DIE ANONYMITÄT IM INTERNET BEI VERBRAUCHERPORTALEN?
Die unendlichen Möglichkeiten des Internets bergen spezifische Gefahren. Vor allem die Anonymität im Internet kann zum Problem werden, gerade wenn es ausschließlich darum gehen soll, andere anzugreifen. Dinge, die im Internet veröffentlicht werden, bekommt man nicht mehr so leicht aus der Welt. Deswegen muss darauf geachtet werden, dass der Bogen nicht überspannt wird. Das gilt natürlich auch für Verbraucherportale. Sie können ein guter Wegweiser sein, aber das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein. Sowohl Anbieter als auch Verbraucher verdienen Schutz vor unrichtigen Behauptungen und manipulierten Bewertungen. Deshalb sollten auch Betreiber von Verbraucherportalen viel stärker in die Pflicht genommen werden.
DER DEHOGA BAYERN FORDERT, DASS DIE AUSKUNFT NACH DEM VERBRAUCHERINFORMATIONSGESETZ – STICHWORT FOODWATCH „TOPF SECRET“ – VOM VERBRAUCHER EINHEITLICH IN DER ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDE EINGESEHEN WERDEN KANN, ABER NICHT ALS BERICHT HERAUSGEGEBEN WERDEN SOLL, WEIL DIE GEFAHR BESTEHT, DASS DIESER DANN MEDIAL VERWENDET ODER IM INTERNET VERÖFFENTLICHT WIRD. WIE STEHEN SIE DAZU?
Bundesgesetz und Rechtsprechung sind hier eindeutig. Danach ist die Information grundsätzlich in der Form zu gewähren, wie sie vom Antragsteller beantragt wird. Mir ist aber eines wichtig: Bayerns Gastronomen und Hoteliers leisten jeden Tag hervorragende Arbeit. Darüber kann es keine Diskussion geben. Wir brauchen ein Vorgehen, mit dem alle Seiten gut leben können: einerseits der Verbraucher mit dem Wunsch nach mehr Transparenz, andererseits aber auch die Betriebe, in deren Rechte eingegriffen wird.
WELCHEN VORTEIL SEHEN SIE BEIM URLAUB IM EIGENEN LAND? WELCHE NACHTEILE?
Urlaub daheim ist ganz klar das Motto in Corona-Zeiten. In diesen Ferien finden Bayerns Urlaubsregionen so viel Zuspruch wie noch nie – und das aus gutem Grund. Bayern bietet wunderbare Landschaft und pure Erholung. Wenn viele Menschen ihren Urlaub daheim verbringen, bedeutet das aber auch eine ganz besondere Verantwortung und Wertschätzung für den Lebensraum Natur. Respektvolles und achtsames Verhalten steht dabei im Mittelpunkt. Ich appelliere deshalb an alle Gäste, sorgsam und rücksichtsvoll mit unserer Natur und unserer Pflanzen- und Tierwelt umzugehen.
ZUR PERSON
Thorsten Glauber (49) ist seit 12. November 2018 Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz im Kabinett Söder II. Nach einer Ausbildung zum Kommunikationselektroniker absolvierte Glauber von 1994 bis 1996 eine Ausbildung zum Bauzeichner und studierte anschließend von 1996 bis 2000 Architektur an der Fachhochschule Coburg. 2003 machte er sich als Architekt in Forchheim selbständig und gründete das Büro Glauber + Rosbigalle. Bei der Landtagswahl 2008 kandidierte er für die Freien Wähler im Stimmkreis Forchheim und zog erstmals in den Bayerischen Landtag ein.