er Finanz- und Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags hat mit den Stimmen der CSU, FW und FDP unlängst den Antrag „Einheitlicher ermäßigter Umsatzsteuersatz für das Hotel- und Gaststättengewerbe“ beschlossen. Die Staatsregierung wird darin aufgefordert, erneut eine Bundesratsinitiative einzubringen mit dem Ziel, die Verpflegungsleistungen, unabhängig von der Art der Zubereitung und des Verzehrortes, im Hotellerie- und Gaststättengewerbe einheitlich mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von derzeit sieben Prozent zu besteuern. „Dies ist ein weiterer, sehr wichtiger Etappenerfolg hinsichtlich der Rettung der bayerischenWirtshauskultur“, so Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern.
Parallel dazu hatte der DEHOGA Bayern erst Anfang Oktober vor dem Hintergrund der Gesundheit, des Umweltschutzes, der Steuergerechtigkeit, der Wertschätzung und der Zukunftssicherung von Restaurants und Gasthäusern in Deutschland unter der Webadresse openpetition.de/!PorzellanStattPlastik eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag gestartet, deren Ziel es ebenfalls ist, den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Essen einzuführen, unabhängig davon, wie zubereitet, wo gekauft und wie gegessen wird. DEHOGA Bayern-Präsidentin Angela Inselkammer: „Wir haben diese deutschlandweite Petition initiiert, jetzt liegt es an uns, so viele Menschen wie nur möglich zu mobilisieren.“ In den ersten Wochen konnten bereits mehr als 30.000 Unterschriften gesammelt werden, damit die erforderlichen 50.000 in den nächsten sechs Monaten zusammenkommen, sind nunmehr nicht nur gastgewerbliche Unternehmer, sondern auch deren Mitarbeiter und Gäste aufgefordert, sich an der Petition zu beteiligen.
Die CSU-Landtagsfraktion fordert gemeinschaftlich mit den Freien Wählern und sogar mit Unterstützung der oppositionellen FDP-Fraktion die Bayerische Staatsregierung auf, erneut eine Bundesratsinitiative zur einheitlichen Besteuerung von Verpflegungsleistungen mit sieben Prozent einzubringen. „Gastgeber Bayern“ hat mit den Landtagsabgeordneten Thomas Kreuzer, Fraktionsvorsitzender der CSU, Jutta Widmann, gastropolitische Sprecherin der Freien Wähler, und Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der FDP, über dieses Vorhaben gesprochen.
Ein gemütliches, gesundes Essen im Sitzen kostet 19 Prozent Mehrwertsteuer, im Gehen und Stehen sieben Prozent. Verwende ich – ökologisch sinnvoll – bei Buffets Mehrweggeschirr, fallen 19 Prozent an, bei Einweggeschirr sieben Prozent. Verstehen Sie die Sinnhaftigkeit dieser Regelung?
Thomas Kreuzer (CSU): Ehrlich gesagt: nicht wirklich. Im Einzelnen sind die Unterschiede nicht nachvollziehbar, das System aus Steuervergünstigungen ist unübersichtlich. Das ist auch der Grund, warum wir uns für eine ermäßigte Besteuerung der Verpflegungsleistungen in der gesamten Hotel- und Gastronomiebranche einsetzen. Die Vorteile liegen auf der Hand: weniger Bürokratie für alle und mehr Investitionsmittel bei den Betrieben. Denn von einer gesunden Gastronomie- und Hotelbranche profitieren alle.
Jutta Widmann (Freie Wähler): Mehrwertsteuerregelung habe ich noch nie verstanden! Ich bin selbst Gastronomin und kenne die Probleme, die damit verbunden sind. Bereits seit 2008, seit ich Mitglied des Bayerischen Landtages bin, setze ich mich mit Anträgen und Initiativen gegen diese Art der Besteuerung ein. Wirte kämpfen schon lange um die Existenz ihrer Gasthäuser. Die traditionelle Dorfwirtschaft, der Biergarten oder Stammtisch – dort schlägt das Herz Bayerns. Dieses Herz möchten wir Freien Wähler schützen und stärken!
Martin Hagen (FDP): Die aktuelle Regelung ist aus meiner Sicht Quatsch. Warum wird die gesunde, gesellige und ökologische Mahlzeit im Wirtshaus höher besteuert wird als das in Kunststoff verpackte Fast Food zum Mitnehmen? Das ergibt keinen Sinn. Wir sollten hier zu einer Angleichung kommen.
Was sind die Folgen der ungleichen Besteuerung?
Thomas Kreuzer (CSU): Diese unterschiedlichen Steuersätze machen nicht nur den Gastronomen das Leben schwer. Auch die Steuerprüfer und die Finanzbeamten müssen sich in diesem Dschungel zurechtfinden. Aus meiner Sicht ist das eine unnötige Bürokratie.
Jutta Widmann (Freie Wähler): Hier entstehen ganz klar Wettbewerbsnachteile! Der unterschiedliche Steuersatz benachteiligt beispielsweise Restaurants, die ihre Speisen in gemütlicher Atmosphäre mit Sitzmöglichkeiten anbieten gegenüber Händlern, die ihre Ware auf die Hand verkaufen. Am Ende ziehen Gastronomen auch gerade im Hinblick auf die Klimadiskussion den Kürzeren, wenn sie ihre Speisen nachhaltig und ökologisch sinnvoll auf Porzellangeschirr servieren, da sie dann dem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent unterliegen. Diese Wirte haben im Anschluss auch noch den Mehraufwand, das Geschirr zu spülen. Wer auf Einweggeschirr serviert, welches anschließend im Müll landet, zahlt nur sieben Prozent Mehrwertsteuer.
Martin Hagen (FDP): Die ungleiche Besteuerung benachteiligt das klassische Wirtshaus gegenüber dem Stehimbiss und ähnlichen Betrieben. Zudem führt es zu Rechtsunsicherheit, weil beispielsweise schon das Bereitstellen einer Bierbank den Unterschied zwischen 7 Prozent und 19 Prozent Besteuerung machen kann.
Der entscheidende Finanz- und Haushaltsausschuss hat Ihrem Dringlichkeitsantrag bereits zugestimmt – wie geht es jetzt weiter?
Thomas Kreuzer (CSU): Jetzt geht der der Antrag erst noch in die weiteren mitberatenden Ausschüsse, dann kommt er zur Abstimmung ins Plenum. Wird er dort auch beschlossen, wird die Staatsregierung die Bundesratsinitiative auf den Weg bringen.
Jutta Widmann (Freie Wähler): Diesen Prozess werde ich bei meiner Arbeit im Bayerischen Landtag nach Kräften fördern und unterstützen!
Sie wollen eine Bundesratsinitiative – wann können wir damit rechnen?
Thomas Kreuzer (CSU): Zuständig ist dann unser Finanzministerium – das wird alles vorbereiten. Die Initiative wird dann zeitnah in den Bundesrat eingebracht – aber das Verfahren dort dauert mit Sicherheit einige Monate.
Jutta Widmann (Freie Wähler): Ich freue mich, dass meine jahrelange Arbeit für einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für die Gastronomie und Hotellerie nun endlich Früchte trägt. Ich werde weiter daran arbeiten, dass das Ziel der einheitlich ermäßigten Mehrwertsteuer für die Gesamtgastronomie erreicht wird. Behilflich ist dabei sicher auch der Druck der Bürger und der Gastronomen. Der DEHOGA unterstützt dies vorbildlich durch seine Onlinepetition, die ich sehr begrüße und unterstütze.
Wie sehen Sie die Erfolgsaussichten?
Thomas Kreuzer (CSU): Könnte schwierig werden, zumal sich die SPD ja offensichtlich auf ein Nein zu jeder weiteren Steuersenkung festgelegt hat. Wir werden das Thema aber immer wieder auf die Tagesordnung setzen und ich bin sicher, dass wir auf lange Sicht wie bei der Mehrwertsteuerermäßigung bei Seilbahnen und im Hotelgewerbe auch hier Erfolg haben werden.
Jutta Widmann (Freie Wähler): Wenn man Politiker in ganz Deutschland reden hört, ist ihnen mittlerweile hoffentlich allen bewusst, dass das Wirtshaussterben zu einem großen Problem geworden ist. Hier muss dringend etwas geschehen! Selbständige Gastronomen haben immer weniger Perspektiven, wenn es um ihre berufliche Zukunft geht. Außerdem wählen immer weniger junge Menschen das Berufsbild des Gastronomen. Das muss uns doch alle, nicht nur in Bayern, aufrütteln!