anz im Gegenteil – die Gäste kommen dann auch umgekehrt, sodass keiner etwas verliert, sondern alle dazugewinnen.
Einmal zu Fuß über die Alpen wandern – was für ein Traum. Für viele bleibt es ein Traum, weil sie glauben die lange, zum Teil beschwerliche Strecke nicht zu schaffen, zwar gerne wandern, aber sich den Fernwanderweg nicht zutrauen. Doch was viele nicht wissen: „Die Alpenüberquerung“ lässt diesen Traum wahr werden. Die Route vom Tegernsee über den Achensee und das Zillertal nach Sterzing verläuft auf leichten bis mittelschweren Wegen, vorbei an traumhaften Seen, Bächen und Wasserfällen und ist für jeden machbar. Egal ob als Familie mit lauffreudigen Kindern oder auch noch im hohen Alter.
Es gibt viele Routen über die Alpen. Am bekanntesten ist sicherlich die Strecke von Oberstdorf nach Meran entlang des Europäischen Fernwanderwegs Nr. 5 und die Strecke von München nach Venedig. Doch diese Routen sind zum Teil konditionell anspruchsvoll und herausfordernd. Die Alpenüberquerung macht die Fernwanderung von Anfang Juni bis Anfang Oktober dagegen für jeden möglich. Übernachtet wird dabei in Gasthöfen, Pensionen oder Hotels in Orten entlang der Strecke begleitet von regionalen, kulinarischen Genüssen. Viele gastgewerblichen Betriebe der Regionen sind Teil dieses einzigartigen Projekts, das auch durch die vorbildliche grenzübergreifende Zusammenarbeit der zuständigen Tourismusverbände 2014 zustande gekommen ist. Alle Beteiligten profitieren von diesem ganzheitlich gedachten, touristischen Konzept. Genusswandernde allerorts führt das kleine „Ü“, welches die Wegstrecke auf Pfeilen und Schildern markiert, vom Tegernsee in Etappen bis nach Sterzing.
Die Idee zur Route hatte Georg Pawlata aus Innsbruck. Als Planer, Geograph und Bergwanderführer ist er der Kopf hinter diesem überaus erfolgreichen Projekt. Die Umsetzung erfolgte schließlich in Zusammenarbeit mit der Alpenregion Tegernsee Schliersee, dem Tourismusverband Achensee, der Zillertal Tourismus GmbH und der Tourismusgenossenschaft Sterzing-Ratschings – Pawlata brachte alle an einen Tisch. „Es gab kaum Widerstände, eher im Gegenteil. Die Idee dieser Tour wurde von den Tourismusverbänden begeistert aufgenommen“ und dass ein grenzübergreifendes Konzept wie dieses erfolgreich und gewinnbringend sein kann und gleich mehrere Regionen davon profitieren, hat die Alpenüberquerung in über sieben Jahren mit zahllosen begeisterten Wandernden bewiesen. Das genussreiche Wandererlebnis liegt dabei voll im Trend der Zeit: Entschleunigen im Einklang mit der Natur, regional genießen und authentisch Erleben. Pawlata rät Hotels- und Gaststätten, die ihr Angebot in Zusammenarbeit mit dem Tourismus vor Ort gerne erweitern würden, auf ihre Tourismusverbände einzuwirken, um den Tourismus vor Ort auch über die eigenen Grenzen hinaus attraktiver zu gestalten. So können Tagestouren im Wander- und Bikebereich auch mal über die Grenzen der Tourismusverbände hinweg verlaufen: „Es ist ja keine Einbahnstraße, sondern die Gäste kommen ja auch umgekehrt, sodass keiner etwas verliert, wenn der Gast mal ‚auswärts‘ isst. Leider wird dieser Punkt von den meisten Tourismusverbänden noch nicht erkannt und es sind auch die Gastwirte, die meinen, dass ihnen dadurch ein Paar Euros durch die Lappen gehen“. Pawlata weiß, wovon er spricht. Der 48-Jährige ist heute als Tourismusberater vornehmlich in den Bereichen Wandern, Mountainbike und Langlauf tätig und arbeitete in dieser Funktion unter anderem für die Tirol Werbung sowie regionale Tourismusverbände. Dazu kommen Beratung und Kriterienüberprüfungen bei Beherbergungsbetrieben.
Die durch die Zusammenarbeit entstandene Route selbst ist in sieben Tagesetappen untergliedert. Die Abschnitte sind nicht zu lang und man überwindet nie mehr als 1.000 Höhenmeter an einem Tag. Die längste Etappe ist 20 Kilometer lang, allerdings kann man längere Strecken auch beliebig mit dem Bus abkürzen, ebenso kann ein Gepäcktransport genutzt werden. Das Schöne ist außerdem: Die Alpenüberquerung kann vollumfänglich und bequem gebucht werden, die Homepage bietet mit den dort umfänglich zugänglichen Informationen für alle aber auch die Möglichkeit, die Tour individuell zusammenzustellen.
Los geht es dann von Gmund am Tegernsee nach Wildbad Kreuth entlang des Tegernseer Höhenwegs. Sicherlich der Höhepunkt dieser malerischen Route ist die Überfahrt mit der Ruderfähre von Tegernsee nach Rottach-Egern. Mit Blick auf das Bräustüberl – eine besondere Perspektive vom Wasser aus, die man so auch nicht alle Tage erlebt. Tag drei begeistert mit einer unvergleichlichen Panoramatour entlang des Achensees. Wer hier lieber mit dem Schiff fährt – dessen Hupen von den felsigen Steinwänden zurück über den See hallt –, hat ebenso die Möglichkeit, das kristallklare Wasser nicht nur von herrlichen, schattigen Wurzelwegen aus zu bestaunen, sondern von oben hinabzusehen auf den unvergleichlich schönen Achensee umrahmt von den Alpen. Sicherlich ein Highlight ist der Weg über den Alpenhauptkamm an Tag sechs, wenn es entlang eines Traumpfads hoch hinauf zum Pfitscherjochhaus geht. Oben belohnt, wird man mit einem unvergleichbaren Blick und dem überragenden Gefühl, die Grenze von Österreich nach Italien vorbei am Grenzstein aus eigener Kraft passiert zu haben.
Dass das über Grenzen greifende, sanfte Tourismuserlebnis besonders hier beeindruckt, weiß auch Pawlata: „Die meisten Besucher kommen aus Tirol, die Hütte liegt 200 Meter hinter der Grenze in Südtirol. Die Gäste finden diese Grenzüberschreitung spannend, machen Fotos vom Grenzstein mit ‚Italia‘ drauf und genießen echten italienischen Kaffee und Pasta.“ Auch die Kulisse passt: Die Blätter wild wachsender Preiselbeeren färben die Hänge im Herbst eindrucksvoll in ein atemberaubendes Rot und sorgen für ein spektakuläres Farbenspiel. Über weite Wiesen, vorbei an Bächen und durch Wälder geht es hinab ins Südtiroler Pfitschertal. Tag sieben deutet das Ende der Tour an und auch das kleine Stempelheft zu dieser Route der Alpenüberquerung ist nun fast voll. Durch das Pfitschertal geht es hinab zum Ziel des Fernwanderwegs nach Sterzing. Ein buntes Treiben in der Fußgängerzone der historischen Altstadt lässt die Atmosphäre der Südtiroler Kleinstadt schnell spürbar werden. Der letzte Stempel am Rathaus macht das Stempelbüchlein und damit auch die Tour komplett. Zurück bleibt die Erkenntnis, dass das Erlebnis Alpenüberquerung für jeden erreichbar ist, vor allem, wenn man sich von dem ehrgeizigen Antrieb löst, wirklich jeden Meter zu Fuß gehen zu wollen. Die Überquerung der Alpen muss nicht immer nur beschwerlich und mühsam erarbeitet sein. Mehr Zeit für Genuss steht bei dieser Route im Vordergrund und richtet sich damit an den durchschnittlich trainierten Wanderer, der mit dieser Route viel gewinnt an Eindrücken, Erkenntnissen und Erfahrungen. Betriebe, welche die Route säumen, profitieren ebenso von diesem nicht ganz so überlaufenen Weg von Bayern in Richtung Süden. Das Konzept zeigt: Das gemeinschaftlich gedachte Zusammenwirken über Grenzen hinaus, kann für Gäste und Akteure des Tourismus gleichermaßen funktionieren und lockt Gäste für Tourismus im Einklang mit Natur und den Strukturen vor Ort auch an entlegenere, äußerst reizvolle Orte mit Charme. Weitere Informationen über „Die Alpenüberquerung“ finden Interessierte im Internet.
Ein Erfahrungsbericht von Karolina Wojdyla