err Baumgärtner, als Wirtschaftsreferent der Stadt München sind Sie ganz nah dran an Münchens Gastgebern. Warum sind diese für München und allgemein für Bayern so wesentlich?
Unsere Stadt ist weltoffen mit starken traditionellen Wurzeln und einer unverwechselbaren Lebensart. München will sich deshalb strategisch als die liebenswerteste Weltstadt im internationalen Wettbewerb positionieren. Das wird nur im engen Schulterschluss mit den Münchner Gastgebern gelingen. Denn in ihren Betrieben erleben und spüren Münchens Gäste authentisches Lebensgefühl und echte Willkommenskultur. Münchens Genusskultur, für die auch das Gastgewerbe steht, ist entscheidend für einen gelungenen München-Aufenthalt, der bei Gästen den Wunsch weckt, bald wieder zu kommen und auch andere für München zu begeistern. Das vielfältige Angebot des Gastgewerbes erhöht gleichzeitig die Lebensqualität der Einheimischen. Denn es sorgt für eine lebendige, pulsierende Stadt. Als Referent für Arbeit und Wirtschaft weiß ich natürlich auch um die große Bedeutung des Gastgewerbes als Arbeitgeber.
Wo sehen Sie für die Münchner Gastgeber derzeit Hürden, die unbedingt genommen werden sollten?
Das größte Problem derzeit sehe ich im Personalmangel. Und der ist nicht nur auf München beschränkt. Zwei Drittel der Betriebe im Hotelund Gaststättenverband klagen über akuten Arbeitskräftemangel. Mit dem demografischen Wandel, der neuen Arbeitswelt und der globalisierten Weltwirtschaft hat sich der Arbeitsmarkt in sehr vielen Branchen von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. Der Personalmangel führt vielfach zur Verringerung des Angebots durch mehr Ruhetage oder kleinere Speisekarten, zu Preissteigerungen, da und dort auch zu sinkender Professionalität. Und die Mitarbeitersuche als Daueraufgabe bindet Ressourcen in den Betrieben.
Welche Hilfestellungen bietet die Stadt Gastgebern schon jetzt an, um die krisengeplagte Branche noch besser zu unterstützen?
Die Stadt arbeitet seit 2012 im Tourismusmarketing mit Partnern in der Tourismus Initiative München (TIM) zusammen. So nutzen Stadt und Tourismuswirtschaft die Vorteile vernetzten Denkens und Handelns. Für die Gestaltung des Gesamtbilds unserer Stadt als Tourismusdestination und einer durchgängigen Servicequalität ergreifen wir gemeinsam Initiative. Diese Kooperation ist in Krisenzeiten noch wichtiger und enger geworden. Aktuell organisieren wir gemeinsam mit den touristischen Verbänden Informationsveranstaltungen, bei denen wir das Münchner Gastgewerbe mit dem Kreisverwaltungsreferat, der Agentur für Arbeit sowie der IHK an einen Tisch bringen. Dabei geht es um Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen für Arbeitskräfte aus dem Ausland. Gerade während der Pandemie haben wir uns viel einfallen lassen, um das Gastgewerbe zu unterstützen, das in besonderer Weise von den Lockdowns betroffen war. Zwei eigentlich temporäre Angebote aus dieser Zeit sind zu einer neuen Kultur in München geworden: Schanigärten und Wirtshauswiesn. Das hat beim Münchner Publikum richtig eingeschlagen. Weitere Hilfestellungen meines Referats für Arbeit und Wirtschaft richteten sich zum Beispiel auf die Stärkung digitaler Kompetenzen bei Betrieben. Oder sie banden Betriebe des Gastgewerbes aktiv in Programme ein, die wir während der Lockerungen umgesetzt haben. Dabei ging es darum, Gäste in die Stadt zu bringen oder Umsatzmöglichkeiten zu schaffen. Ich könnte eine lange Liste aufzählen, will hier aber nur den „Sommer in der Stadt“ nennen, die digitale Aktion #muenchenhältzamm oder so kreative Ansätze, wie „Luxusbett statt Luftmatratze“ oder „Tapetenwechsel“, jeweils Initiativen von TIM und dem Gastgewerbe.
Sie zeichneten 2019 erstmals verantwortlich für das größte Volksfest der Welt. Nach zweijähriger Pause soll die Wiesn nun endlich wieder stattfinden. Gehen Sie auch mit Sorgen vor den Folgen dieses massenhaften Zusammenkommens in die Planung?
Für mich ist es einfach nur großartig, dass wir die Wiesn wiederhaben. Die Wiesn findet in einem schwierigen Umfeld statt, keine Frage. Die Wiesn ist empfindlich gegenüber tiefgreifenden Änderungen. Daher kann es sie nur ganz oder gar nicht geben. Nachdem uns die Gesundheitspolitik keine Schranken auferlegt, werden wir sie so erleben können, wie früher.
Aus unserer Sicht tragen auch Messen, wie etwa die IAA Mobility, für Münchens Hoteliers und Gastronomen sehr zur Belebung des Stadtlebens bei? Der Münchner Stadtrat sieht die Open Spaces der IAA allerdings partiell kritisch. Sehen Sie hier eine Lösung mit dem VDA, dass eine IAA auch 2023 und 2025 in München stattfinden kann?
Ich bin zuversichtlich, dass die IAA 2023 wieder in München stattfinden wird. Ich meine, dass diese Messe sehr gut zu unserer Stadt als Automotive-Standort passt. Das Gastgewerbe hat letztes Jahr eindrucksvoll bewiesen, wie leistungsfähig es bei solchen Großveranstaltungen ist. Die IAA war ein Lichtstrahl für die Branche nach zwei langen Lockdowns.
ZUR PERSON:
Mit über 20 Jahren Erfahrung in der Kommunalpolitik wurde Clemens Baumgärtner mit Wirkung zum März 2019 von der Vollversammlung des Münchner Stadtrats zum Referenten für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München bestellt. Vor seiner derzeitigen Tätigkeit war der 1976 geborene Familienvater zweier Kinder, der selbst in München aufgewachsen ist, als Wirtschaftsanwalt tätig.