err Horrmann, Sie sind Deutschlands bekanntes ter Hoteltester, zudem hat niemand mehr Bücher über die Branche veröffentlicht: Was ist für Sie das Faszinierende am Gastgewerbe?
Menschen sind für Menschen da. Wenn die Stimmung gut ist, entspricht das dem Credo von Ritz-Carlton: Ladies and Gentlemen serving Ladies and Gentlemen. Das macht glücklich.
Haben Sie je darüber nachgedacht einmal selbst als Hotelier oder Gastronom in die Branche einzusteigen?
Nachgedacht, sicherlich, aber es gab und gibt so viel zu tun, dass keine reale Chance da ist. Für den Weltrekord in Hotel- und Genussbuch schreiben, brauchte ich 36 Bücher, außerdem habe ich in zehn verschiedenen TV-Formaten Essen und Trinken bewertet. Ein Hotel oder Restaurant zu machen, fordert die volle Arbeitskraft ohne Abstriche.
Gibt es Umstände, unter denen Sie Fehler verzeihen, auf die Sie sonst in Ihrer Funktion als Kritiker Wert legen?
Ganz gewiss, wenn der Service und die gesamte Atmosphäre wohltuend ist, dann können wir über handwerkliche Patzer locker hinweggehen.
Wie kann man Sie bei einem Hotelbesuch besonders glücklich machen – und wie besonders verärgern?
Ein herzlicher Welcome, der mir signalisiert, dass ich hier ein Zuhause fernab von Daheim habe. Im umgekehrten Fall schafft das Ärger. Im berühmten Ritz in Paris hatte der Rezeptionist nur ein Wort bereit: Creditcard. Kein Bitte, keine Höflichkeit, keine Begrüßung. Da ist Ärger vorprogrammiert.
Als Hoteltester haben Sie die luxuriösesten Häuser der Welt gesehen – welche Erfolgsfaustregeln lassen sich daraus für Betriebe im 1- oder 2-Sterne-Segment ableiten?
Die Basisregel von Cäsar Ritz sagt: Der Gast sei dem Gastgeber heilig. Das gilt für alle Kategorien, auch im Ein- oder Zwei-Sterne-Segment. Dass die Ausführungen und das Service-Paket unterschiedlich sind, ist doch selbstverständlich.
Was sind Ihren langjährigen Erfahrungen nach die Hauptzutaten für einen erfolgreichen Gastronomiebetrieb?
Wenn man umsetzt, dass das Produkt nicht nur das Essen auf dem Teller ist, sondern ebenso der liebenswerte Service, das Ambiente, kurz die Gästepflege. Im Ein- oder Zwei-Sterne-Bereich habe ich Familienbetriebe erlebt, die einfach zauberhaft waren, mit einem kleinen selbstgebackenen Kuchen oder einem Blumenstrauß auf dem Tisch.
Was muss ein junger Gastronom und Hotelier mitbringen, um langfristig am Markt zu bestehen?
Er muss erkennen, dass stets der Gast im Mittelpunkt steht und nicht im Weg. Wenn das mit Kontinuität umgesetzt wird, hat er langfristig eine gute Chance. Ganz gewiss muss er Abstriche an Freizeit machen, die Branche ist nun mal sehr zeitintensiv.
Die Branche unterliegt einem kontinuierlichen Strukturwandel. Was waren für Sie die größten Einschnitte?
Der Verlust von individuellen Hotels und der damit verbundene Run in die Kettenhotellerie. Genau das ist die traurige Erkenntnis und dann wird alles viel schlechter, wenn der Mann an der Spitze abtritt oder beseitigt wird, Jay Pritzker bei Hyatt, Isadore Sharp bei Four Seasons oder Horst Schulze bei Ritz-Carlton.
Welchen Trend beobachten Sie derzeit in der Gastronomie?
Der günstige Preis ist wichtiger als die Qualität, leider. Und überall spielt das Internet eine Rolle.
Welchen Wunsch haben Sie an junge Unternehmer im Gastgewerbe?
Dass sie doppelgleisig operieren. Einmal die totale Pflege des Gastes, dann aber auch das Profitmachen. Es gehört zu den Basiselementen des Total Quality Managements.
Fragen an den Menschen Heinz Horrmann: Was war Ihr schönstes Wirtshauserlebnis?
Dafür gibt es zu viele positive Erlebnisse in allen Wirtshausbereichen, zuletzt im Hotel „Das Tegernsee“.
Hand aufs Herz, bei welchen Speisen können Sie schwerlich „nein“ sagen?
Bei den klassischen Escoffier-Gerichten wie Variation von der Gänseleber mit Perigord Trüffeln.
Gibt es auch ein absolutes Lieblingsessen?
Getrüffelte Fasanenbrust aber auch gelackte Ente kross.
Können Sie eigentlich Kochen und wenn ja, kochen Sie gerne?
Unbedingt. Ich habe immer gesagt, Leidenschaft reicht nicht, man muss es vormachen können. Darum habe ich mit allen großen Köchen am Herd gestanden und Details abgeschaut. So kam es, dass ich in der VOX-Sendung „Kocharena“ gegen drei Sterneköche mit einem Punkt Vorsprung gewonnen habe.
Gibt es ein Lieblingsgetränk?
Sicherlich, weiße Burgunder wie Meursault, Montrachet und roter Bordeaux, ganz oben sind Haut-Brion und Canon la Gaffeliere. Das heißt aber nicht, dass ich gerne auch mal ein Weizenbier oder ein Kölsch trinke.
Worauf legen Sie bei der Auswahl eines Hotels immer besonders viel Wert?
Nie auf die Kommentare im Internet, sondern auf die persönlichen Erfahrungen, immerhin 2.500 Hotels weltweit.
Gibt es etwas, was Sie in einem Hotelzimmer besonders schätzen?
Das perfekte Bad, Dusche wie Tropenschauer und Toilette separat aus der Nasszelle.
Zu guter Letzt hätte ich noch eine Bitte: Könnten Sie den folgenden Halbsatz ergänzen? Ein Leben ohne Gastgewerbe wäre für mich …
...stark reduzierte Lebensqualität.
Zur Person
Heinz Horrmann wurde 1943 in Düren geboren. Der Gastronomiekritiker schreibt regelmäßig für die Tageszeitungen Die Welt, Welt am Sonntag und Berliner Morgenpost sowie verschiedene Fachzeit schriften. Unter anderem war er auch Jurymitglied der Fernsehsendung „Die Kocharena“. Er hat mehr als 36 Bücher zu den Themen Hotel und Restaurants veröffentlicht, was als „Weltrekord“ gilt. Horrmann lebt in Berlin. Er ist Träger des Bundes verdienstkreuzes am Bande für seine „Verdienste um die deutsche Hotellerie und Gastronomie“.