rau Prof. Dr. Mörstedt, wie unterscheidet sich die Generation Z von anderen Generationen?
Die Generation Z ist die erste, die komplett in der digitalen Welt aufgewachsen ist. Sie ist daher auch völlig digitalisiert im Alltag. Das heißt aber nicht, dass sich die Vertreter dieser Generation bestens in Computerprogrammen wie Excel oder PowerPoint auskennen, wie vielleicht viele Arbeitgeber erwarten. Nein, damit meine ich, dass sie mittels Smartphone oder Tablet im Netz leben. Sie sind auf Plattformen wie Facebook, Instagram oder Snapchat heimisch: Sie posten, liken und kommentieren die Aktivitäten ihrer Freunde. Für Jugendliche ist es wahnsinnig wichtig, dort präsent zu sein.
Hat der ständige Medienkonsum der jungen Leute nicht auch Auswirkungen auf deren Gesundheit?
Doch. Z-ler haben Schwierigkeiten, sich längere Zeit auf eine Sache zu konzentrieren. Schon kleine Kinder können unter motorischer Hyperaktivität, Sprachentwicklungs- oder Einschlafstörungen leiden. Außerdem steigen die Zahlen internetabhängiger Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland rasant.
Jede Generation wird von Entwicklungen geprägt. Welche sind das?
Die Generation Baby Boomer beschreibt die geburtenstarken Jahrgänge 1959 bis 1965. Sie sind in der Welt des Wirtschaftswunders groß geworden und wollten viele Dinge anders als ihre Eltern machen. Nach einer wilden Jugend entwickelten sich die Baby Boomer zu engagierten und gewissenhaften Workaholics, die ihr Leben ganz dem Job widmen. Dass ein vermeintlich sicheres Umfeld schnell verschwinden kann, merkte die Generation X (Geburtsjahrgänge 1966 bis 1979) schnell. Die X-ler wurden geprägt von der Wirtschaftskrise, der Wiedervereinigung Deutschlands und hohen Scheidungsraten. Innovationen rund um das Internet beeinflussten das junge Leben der Generation Y (Geburtsjahrgänge 1980 bis 1993): Sie haben eine enge Bindung zu moderner Technologie und bekamen von ihren Eltern viel Aufmerksamkeit, Unterstützung sowie Selbstbewusstsein vermittelt. Bei der Generation Z ist die Digitalisierung des Alltags noch stärker geworden. Krisen sind allgegenwärtig, sei es die Wirtschafts-, Flüchtlings- oder Eurokrise. Im Internet können sie Eskalationen 24 Stunden täglich verfolgen und sogar live miterleben. Bei ihnen ist die ständige Nutzung von Smartphones selbstverständlich.
Welche Werte verfolgen eigentlich die verschiedenen Generationen? Was zeichnen sie aus?
Die Baby Boomer sind karriereorientiert, arbeiten lange und haben einen strukturierten Arbeitsstil. Die Generation X ist selbstständig, technikversiert, ergebnisorientiert und Zeit ist ihnen wichtiger als Geld. Die Y-ler leben im Hier und Jetzt, fühlen sich im Internet zuhause, sind Multi-Tasker und streben weniger nach Führungspositionen – viel wichtiger ist ihnen der Spaßfaktor. Auch das Privatleben ist für sie wesentlich. Z-ler sind sehr selbstbewusst. Sie sind an einer kollegialen Arbeitsatmosphäre interessiert, erledigen Aufgaben aber lieber allein als im Team. Sie wünschen sich viel Feedback, da sie dies aus den sozialen Netzwerken gewohnt sind.
Wie sind die Arbeitseinstellungen der Älteren und der Jüngeren, was ist wichtig für sie?
Schon jetzt gibt es in Unternehmen immer mehr altersgemischte Teams, bei denen die Altersspanne deutlich höher ist als noch vor einigen Jahren. Die verschiedenen auf dem Arbeitsmarkt vertretenen Generationen stellen die Unternehmen vor diverse Herausforderungen, schließlich sollen Arbeitsabläufe möglichst konfliktfrei abgewickelt werden. Baby Boomer identifizieren sich zum Beispiel sehr mit der Organisation, in der sie tätig sind. Die Erwerbstätigkeit geht im Vergleich zum Privatleben häufig vor. Ganz anders etwa die Generation Z, deren Motto „Leben, leben, leben“ lautet. Ich höre immer wieder, dass die jungen Leute keinen Respekt gegenüber Vorgesetzten zeigen. Wie auch? Die Generation Z kennt kein Hierarchiedenken. Für sie ist der Chef ein Coach oder ein Mentor, dem sie sogar private Probleme mitteilen und von dem sie erwarten, dass er auch ihnen Privates erzählt. Z-ler möchten Spaß im Beruf haben – und der Beruf soll bitteschön auch zum Privatleben passen.
Unternehmen müssen sich demnach auf unterschiedliche Erfahrungen, Ansprüche und Ziele einstellen?
Auf jeden Fall. Durch Generationenmanagement kann sowohl eine positive Wirkung auf die im Unternehmen vorhandenen Mitarbeiter als auch eine positive Außenwirkung erzielt werden. Medizinische Betreuung, Events und Vorträge zu Gesundheitsthemen, ein umfangreiches Aktivitäts- und Freizeitangebot sowie eine psychologische Beratung sind nur ein paar Möglichkeiten, die ich in diesem Zusammenhang nennen kann.
ZUR PERSON
Antje-Britta Mörstedt studierte von 1987 bis 1992 Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität in Göttingen. Sie erhielt 1995 ihren ersten Lehrauftrag an der PFH Private Hochschule Göttingen. Seit 2003 leitet sie den Fernstudiengang Betriebswirtschaftslehre. Ende 2008 wurde sie auf die Professur Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Organisation und Blended Learning, berufen. Seit März 2015 ist Mörstedt Vizepräsidentin der PFH für Fernstudium und Digitalisierung.