agmar Rosenbauer sitzt am Tisch in ihrem Werkstattladen im malerischen Dörfchen Kunreuth in der Fränkischen Schweiz. Um sie herum sind die Regale und Schränkchen bis obenhin gefüllt: mit hochwertigen Trachtenstoffen, Seidenstickgarnen, Bändern, Borten, Schmuck und Knöpfen – alles fein säuberlich gefaltet und sortiert. In unzähligen Kästchen und Schachteln verstecken sich Drähte, flimmernde Plättchen, handgemachte oder in Form geblasene Hohlglas- und Glasschliffperlen. Die braucht sie jetzt:
Geschickt verzwirbelt sie Bulliondrähte, formt daraus Rosetten und fädelt Perlen und Flitterle auf. „Flitter“ sind die metall- beziehungsweise messinggestanzten Plättchen, die in den Kränzen verarbeitet werden. 3.500 bis 4.000 davon fädelt sie in mehr als 430 Arbeitsstunden für einen hohen Kranz auf – per Hand. Zusammen mit Pappreif, Goldlamee-Borten und viel Geduld fertigt Dagmar Rosenbauer so festlichen Trachtenkopfschmuck nach historischem Vorbild: den Flitterkranz.
Die flimmernden Kränze gehören zu den traditionellen Festtrachten – und haben in Bayern eine lange Geschichte. In der ländlichen Fränkischen Schweiz gibt es Flitterkränze etwa seit Ende des 18. Jahrhunderts. Damals schmücken sie das Haupt unverheirateter Mädchen an kirchlichen Festtagen. So zeigen die jungen Frauen, dass sie noch ledig sind und aus einer wohlhabenden Familie stammen. „Die Hochzeit war der letzte Anlass, zu dem sie den Kranz getragen haben“, erklärt Dagmar Rosenbauer.
Das Festgewand sagt früher viel über seine jeweilige Trägerin aus. Dagmar Rosenbauer fasziniert dieses Brauchtum schon von klein auf. Im Gegensatz zur Dirndl-Mode, die mit Franken und der Fränkischen Schweiz vom Schnitt und der Verarbeitung her nichts zu tun hat, empfindet sie die fränkische Tracht als etwas Echtes, das aus der Region stammt.
Deshalb möchte sie diese Tradition pflegen. Schon im Jugendalter näht sie sich ihre erste eigene Tracht und bastelt einen Flitterkranz. „Meine Mutter war entsetzt und sagte, das sei nur etwas für alte Weiber“, erzählt sie und lacht. Doch Dagmar Rosenbauer lässt sich nicht von ihrer Leidenschaft abbringen. Ihre Fertigkeiten und Kenntnisse eignet sie sich selber an. Obwohl sich anfangs immer wieder Fehler in ihre Arbeiten schleichen, hat sie den Dreh nach ein paar Jahren raus: „Die alten Frauen hier haben mich damals öfter darauf hingewiesen, wenn zum Beispiel eine Schürze nicht zum jeweiligen Festtag gepasst hat“, sagt sie.
Was 1979 als leidenschaftliches Hobby beginnt, macht die gelernte Reiseverkehrskauffrau bald zu ihrem Beruf: Seit mehr als 30 Jahren restauriert und fertigt sie Brautkronen. Seit über 25 Jahren führt sie ihren eigenen Laden für Trachtenzubehör. Da sie keine gelernte Schneiderin ist, arbeitet sie für ihre historischen und modernen Trachten mit geprüften Schneidermeisterinnen zusammen. Sie sollen professionell gefertigt sein. Dagmar Rosenbauer setzt Kundenwünsche aller Art höchstkreativ um und arbeitet jedes Stück nach traditionellen Vorlagen.
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